Hallo Tina,
da ich Ihren Schilderungen nicht entnehmen kann, in welchem Bundesland das Grundstück liegt, und jedes Bundesland eine eigene Landesbauordnung hat, gehe ich der Einfachheit halber davon aus, dass die Landesbauordnung Schleswig-Holstein (LBO) anzuwenden ist.
§ 6 LBO fordert vor den Außenwänden von oberirdischen Gebäuden und von oberirdischen Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, grundsätzlich einen Mindestabstand von 3 m.
Von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen:
1.)
Nach planungsrechtlichen Vorschriften muss oder darf an die Grundstücksgrenze gebaut werden, wie etwa bei geschlossener Bauweise (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 4 LBO).
2.)
Die oberirdischen Gebäude oder Anlagen fallen unter § 6 Abs. 7 oder 8 LBO
(vgl. ->
http://www.kreis-stormarn.de/lvw/forms/5/53/Abstandfl_chen_zul_ssig_nach_Abs_7_2009_08_12.pdf und
->
http://www.kreis-stormarn.de/lvw/forms/5/53/Abstandfl_chen_zul_ssig_nach_Abs_8_2009_08_12.pdf ).
Der Übersicht zu § 6 Abs. 7 LBO können Sie entnehmen, dass die von Ihnen beschriebene Doppelgarage an der Grenze zulässig ist, wenn (inklusive anderer Anlagen im Grenzbereich) eine Gesamtlänge von 9 m und eine mittlere Wandhöhe an der Grundstücksgrenze von 2,75 m nicht überschritten wird.
Die Dachterrasse auf der Garage ist bauordnungsrechtlich problematisch: sie ist zwar kein Gebäude, aber von ihr gehen nach der Definition im § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO „Wirkungen wie von Gebäuden“ aus, weil sie höher als 1 m ist.
Nun kenne ich die genauen Abmessungen der Dachterrasse nicht; nur wenn sie mindestens 2 m von der Grundstücksgrenze entfernt bleibt, könnte man die Terrasse (analog einem Balkon) wohl noch als Vorbau ansehen, der bei der Bemessung von Abstandflächen außer Betracht bleibt (vgl. § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO und ->
http://www.kreis-stormarn.de/lvw/forms/5/53/Abstandfl_chen_Lage_2009_08_12.pdf ).
Liegt der Fall hingegen anders, haben Sie bereits jetzt ein bauordnungsrechtliches Problem, weil die Terrasse den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält (oder wurde der fehlende Abstand bereits per Baulast auf das Nachbargrundstück übertragen?). Um Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich auf meine Ausführungen vom 21.12.2008 an Peter Maier verweisen, die sich zwar auf die alte LBO beziehen, in denen aber Links zu Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema enthalten sind (->
http://foren.kreis-stormarn.de/view/thread/1925/0/?SID=d921dd0423a87d8706ef85a10cbf4c56 ).
Die Nutzungsänderung der Grenzgarage zu Wohnraum begegnet aus bauaufsichtlicher Sicht erheblichen Bedenken, weil der erforderliche Mindestabstand von 3 m nicht (mehr) eingehalten wird; denn in offener Bauweise sind Wohngebäude nicht – wie beispielsweise Grenzgaragen in den genannten Abmessungen - abstandflächenrechtlich privilegiert. Ob mit „Nachbarzustimmung“ möglicherweise auf der Grundlage des § 71 LBO eine Abweichung von den Abstandflächenbestimmungen zugelassen werden kann, muss der/die zuständige Sachbearbeiter/in der Bauaufsicht entscheiden. Das bessere und sicherere Mittel ist in jedem Fall die Baulast.
Wie letztlich die Nachbarzustimmung formuliert wird, ist Privatrecht, zu dem wir uns grundsätzlich nicht äußern (dürfen).
Unterschreiben die Nachbarn (= Eigentümer/in/nnen des Nachbargrundstücks) auf dem Lageplan und den Bauzeichnungen, bezieht sich die Zustimmung sicherlich nur auf die dort angegebene/n Nutzung/en (vgl. auch § 72 Abs. 2 LBO).
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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Zuletzt geändert am 11.11.2011 um 18:37:49 von Jens Bebensee.