Hallo Frau Krannich,
dann stellt sich zunächst die Frage, als was das praktisch im Zustand von 1948 befindliche Haus mit Außentoilette, Kachelöfen und ohne Badezimmer einmal genehmigt worden ist (Dauerwohngebäude, Behelfsheim, Wochenend- oder Ferienhaus?).
Das müsste sich eigentlich aus den damaligen Bauantragsunterlagen ergeben. Wenn nicht, könnte man auch in die Einwohnermeldedatei schauen, ob dort bis 1987 ein Haupt- bzw. Dauerwohnsitz verzeichnet war.
Was die DDR-Wohnraumzuweisung zu bedeuten hat(te), vermag ich nicht zu beurteilen. Ich kann mir vorstellen, dass eine solche Wohnraumzuweisung – wie hier in der alten Bundesrepublik – aufgrund der vielen Luftkriegsbetroffenen des Zweiten Weltkriegs und der zahlreichen Flüchtlinge auch in „Behelfsbauten“ erfolgt sein könnte. So hat beispielsweise der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat in dem Leitsatz zu seinem Beschluss vom 19.06.1974 – IV 195.73 – (BRS 28 Nr. 119) folgendes ausgeführt: „…Aus dem Bundesrecht läßt sich nichts dafür herleiten, daß ein formell und materiell baurechtswidriger Zustand deshalb als formell baurechtmäßig behandelt werden muß, weil das Bauwerk in der Vergangenheit in diesem Zustand bewirtschaftungsrechtlich in Anspruch genommen worden ist…“
Behelfsbauten haben aber – wie das Wort schon indiziert - in der alten Bundesrepublik spätestens mit Beendigung der Wohnraumbewirtschaftung ihre Existenzberechtigung verloren.
Weiß man, als was das Haus mit Außentoilette usw. einmal genehmigt worden ist, kann man auch die Qualität des mit Baugenehmigung von 1987 sanierten, modernisierten und umgebauten Hauses bestimmen. Denn ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass beispielsweise ein 1948 als Wochenendhaus oder Behelfsheim genehmigtes und genutztes Gebäude über eine Sanierung, Modernisierung und einen Umbau zu einem Dauerwohngebäude „mutiert“ sein soll.
Der Bundesgesetzgeber unterscheidet bewusst zwischen (Dauer)Wohngebäuden auf der einen sowie Wochenend- und Ferienhäusern auf der anderen Seite.
Das vorrangige Problem für eine – wie auch immer geartete extensive oder intensive – wohnliche Nutzung im Außenbereich ist die Zersiedlungsgefahr, die nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB immer dann anzunehmen ist, wenn ein Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (siehe unter ->
http://dejure.org/gesetze/BauGB/35.html ).
Der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hat in seinem Urteil vom 28.10.1973 – 4 C 70.78 – entschieden, dass die Änderung der Nutzung eines im Außenbereich gelegenen Wochenendhauses in eine dauerhafte Wohnnutzung die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen kann (leider habe ich dazu nur diesen Link auf den Leitsatz gefunden ->
http://www.rechtsportal.de/Rechtsprechung/Rechtsprechung/1983/BVerwG/Aenderung-der-Nutzung-eines-Wochenendhauses-in-dauerhafte-Wohnnutzung.Die-Aenderung-der-Nutzung-eines-Wochenendhauses-im-Aussenbereich-in-dauernde-Wohnnutzung-kann-die-Erweiterung-einer-Splittersiedlung-befuerchten-lassen ).
Auch bauliche Eingriffe in einen vorhandenen Bestand stellen gerade im Außenbereich ein erhebliches Risiko dar, was beispielsweise dem Beschluss des BVerwG vom 10.10.2005 – 4 B 60.05 – zu entnehmen ist (siehe ->
http://www.bverwg.de/media/archive/3409.pdf ).
Wenn im § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 5 BauGB von „Wohngebäude“ die Rede ist, sind (nur) Dauerwohngebäude gemeint. In seinem Beschluss vom 13.09.1988 – 4 B 155/88 – hat das BVerwG klargestellt, dass § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB auf Wochenendhäuser nicht anwendbar ist.
Eine Nutzungsänderung von einem Ferien-/Wochenendhaus in ein Dauerwohngebäude ist auf keinen Fall ein „Selbstgänger“. Ganz im Gegenteil – der angeführten Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass eine solche Nutzungsänderung erheblichen Bedenken begegnet.
Nun zu Ihren Fragen:
1.
Wie gelangt das Bauordnungsamt allgemein zu der Erkenntnis über die Nutzung einer Immobilie?
Antwort:
Das Bauordnungsamt hat den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (vgl. § 24 Verwaltungsverfahrensgesetz unter ->
http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__24.html und § 208 BauGB unter ->
http://dejure.org/gesetze/BauGB/208.html ).
Die Behörde wird in die Baugenehmigungsakten sehen.
Gibt es dort keine Hinweise auf die heute ausgeübte Nutzung prüft sie den Bestandsschutz (vgl. auch ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=1&bid=13 ), d.h. sie verfolgt das „rechtliche Schicksal“ der Immobilie vom der Errichtung bis zum heutigen Tage und klärt, ob die heutige Nutzung zu irgendeinem merklichen Zeitpunkt seit dieser Nutzungsaufnahme hätte genehmigt werden können.
Zur Frage, wer die „Beweislast“ trägt, verweise ich auf meine Antwort vom 07.02.2009 an Herrn Welkenbrück (siehe unter ->
http://foren.kreis-stormarn.de/view/thread/1930/0/?SID=b3e0ed874030810c5f71b3bc36a269b1 ).
2.
Wenn es ein Ferienhaus mit einer Wohnhausbaugenehmigung ist habe ich dann nicht schon jetzt eine ungenehmigte Nutzungsänderung vorliegen (mit der möglichen Konsequenz: Nutzungsuntersagung und Abrissverfügung).
Antwort:
Problematisch ist die Änderung von Wochenend- in Dauerwohnnutzung.
3.
Falls die Nutzungsänderung nicht beantragt wurde, kann ich mich da jetzt anmelden und habe baurechtlich was ich eigentlich möchte: Wohnen im baugenehmigten Wohnhaus?
Antwort:
Sie könnten sich zwar anmelden, das würde aber das Gebäude baurechtlich nicht automatisch zu einem Dauerwohngebäude machen.
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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Zuletzt geändert am 25.01.2012 um 17:40:52 von Jens Bebensee.