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Thema: hauskauf
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Geschrieben von:
bodo wunderlich
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moin erstmal, hätte da mal gern gewusst wie es sich mit dem kauf und bewohnen eines hauses im aussenbereich verhält. bj.1876, l ehemalige katenstelle, mit damals 3 ha land dabei. das land wurde in früheren zeiten verkauft. haus und grundstück sind zu verkaufen, aber ausser einem katasterplan liegen keine papiere vor. es bestehen alte stallgebäude die nicht im katasterplan eingetragen sind. baugehnemigungen liegen keine vor.die landwirtschaft wurde bis etwa 1970,72 betrieben. sether als wohnhaus privat genutzt. könnte der neue käufer ohne weiteres einziehen und die ställe zb. als lagerraum für gartengeräte oder segelboot benutzen ohne priviligiert zu sein, so wie der vorbesitzer auch?. vielen dank, bodo
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Geschrieben von:
Jens Bebensee
Fachdienstleiter Bauaufsicht
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Hallo Herr Wunderlich,
bei der von Ihnen beschriebenen Sachlage würde ich auf jeden Fall vor dem Kauf mit der für das Grundstück zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde Kontakt aufnehmen.
Folgende Fragen müssten Sie aus meiner Sicht klären lassen:
1.)
Wurde für die 1970/1972 vorgenommene Änderung des Gebäudes von landwirtschaftlicher in sonstige Wohnnutzung die erforderliche Baugenehmigung erteilt?
2.)
Wenn nicht:
Geht die zuständige Bauaufsicht davon aus, dass das Wohngebäude als „sonstiges“ Vorhaben Bestandsschutz genießt?
(zum Begriff Bestandsschutz siehe in unserem Baulexikon unter http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.php?bereich=1&bid=13 ).
3.)
Wie beurteilt die zuständige Bauaufsicht die von Ihnen beabsichtigte Nutzung der (ehemaligen) Ställe?
Nutzungsänderungen sind nämlich – rechtlich gesehen – nicht ganz unproblematisch (siehe dazu beispielsweise unser Baulexikon unter http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.php?bereich=5&bid=107 ), denn - sehr verkürzt gesagt - muss man sich bei der Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit einer Nutzungsänderung den bestehenden Baukörper praktisch wegdenken und die Frage beantworten, ob man einen neuen Baukörper mit der neuen Nutzung an dem Standort zulassen würde. Nicht zuletzt aus diesen Überlegungen heraus hat der Gesetzgeber die erleichternden Bestimmungen des § 35 Abs: 4 Satz 1 BauGB geschaffen, die an einen zulässigerweise vorhandenen oder vorhanden gewesenen Bestand anknüpfen und (nur) ganz bestimmte öffentliche Belange für unbeachtlich erklären (siehe unter http://dejure.org/gesetze/BauGB/35.html ).
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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Geschrieben von:
bodo wunderlich
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danke erstmal, wenn ich alles richtig verstanden habe ist es nicht zwangläufig erlaubt als landwirt in seinem haus wohnen zu bleiben wenn der betrieb aufgegeben wird? wie ist es denn nun mit den fehlenden bauunterlagen/genehmigungen und den nirgends eingezeichneten ställen? gab es derzeit(1876) überhaupt ein bauamt/baurecht? die information der aufgabe der landwirtschaft von 70/72 stammt vom hörensagen der vorbesitzer, welche seither öfter gewechselt haben.dem verkäufer liegt nichts belegbares vor. aber ich denke wenn das objekt seit 131 jahren die öffentliche belange nicht gestört hat sollte es auch weiterhin so gehen? ausserdem werden resthöfe en mass an pferdeliebhaber verkauft .nebengebäude als wohnwagenquartier vermietet und nirgends steht was von nutzungsänderung?? werden die betreffenden behörden prüfend aktiv beim kauf? was passiert wenn man einfach kauft, einzieht und eben wohnt? die gemeinde müsste doch eigentlich schon beim anmelden des neuen wohnsitzes sagen:"halt, ohne landwirtschaft gehts nicht!" oder liegt die problematik beim vergangenen zweitraum von der aufgabe der landwirtschaft bis zur 1. veräusserung? ich werde diesbezüglich zunächst mal den makler fragen, ggf. die behörden. mir ist auf jeden falls zunächst mal klar geworden das es ein problem geben könnte. bodo
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Geschrieben von:
Jens Bebensee
Fachdienstleiter Bauaufsicht
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Hallo Bodo,
wenn ein im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bevorrechtigt zulässiger landwirtschaftlicher Betrieb aufgegeben und nicht von einem anderen Landwirt übernommen wird, verlieren die baulichen Anlagen mit der Zeit ihre Privilegierung.
Die städtebauliche Zulässigkeit einer folgenden, nicht-landwirtschaftlichen Nutzung beurteilt sich nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Diese Vorschrift erklärt solche öffentlichen Belange für unbeachtlich, die regelmäßig ein sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigt.
Beachtlich bleiben u.a. die im § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB genannten öffentlichen Belange, d.h. eine Nutzungsänderung von landwirtschaftlicher in sonstige (normale) Wohnnutzung beeinträchtigt dann öffentliche Belange, wenn die neue Wohnnutzung schädlichen Umwelteinwirkungen – beispielsweise von einem weiteren, noch bestehenden landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetrieb in der Nachbarschaft – ausgesetzt sein wird.
Auf diese Weise wird praktisch die Existenz und die „Vormachtstellung“ des noch verbliebenen Tierhaltungsbetriebs im Außenbereich gesichert. Würde man die Nutzungsänderung unter diesen Umständen (rechtswidrig) genehmigen, wäre ein Widerspruch bzw. eine Klage der Eigentümerin des verbliebenen Tierhaltungsbetriebs aller Voraussicht nach erfolgreich. Nimmt die Eigentümerin des verbliebenen Betriebs hingegen eine Baugenehmigung der neuen, nicht-landwirtschaftlichen Nutzung „sehenden Auges“ hin, könnte es ihr passieren, dass sie dann auf die neue Wohnnutzung Rücksicht nehmen und die von ihrem Betrieb ausgehenden Immissionen auf Antrag des Eigentümers der neuen, sonstigen Wohnnutzung reduzieren muss.
Ich denke, dieses Beispiel verdeutlicht recht anschaulich, dass der Strukturwandel in der Landwirtschaft durch baugesetzliche Bestimmungen (hier: § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB) begleitet werden musste.
Übrigens kannte das Bundesbaugesetz (BBauG) von 1960 eine erleichternde Regelung für Nutzungsänderungen landwirtschaftlicher Gebäude noch nicht. Grundlage zur Schaffung einer solchen gesetzlichen Regelung bildete u.a. das Urteil des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.11.1974 – IV 32.71 – (in BRS 28 Nr. 34 = BauR 1975, 44).
Einer der Leitsätze lautete:
„§ 35 Abs. 3 Satz 2 BBauG [Wortlaut: Auf Maßnahmen der Agrarstruktur ist besonders Rücksicht zu nehmen.] ermöglicht nicht, die landwirtschaftsfremde Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Baulichkeiten gegenüber den Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 BBauG [Wortlaut: Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben ...] zu erleichtern...“
Nach einer ausführlichen Urteilsbegründung formulierte der 4. Senat den Satz:
„... Eine sachgerechte Lösung zu entwickeln, kommt dem Gesetzgeber zu ...“
Mit der Novelle des BBauG von 1976 wurde dann mit § 35 Abs 4 BBauG eine entsprechende Regelung für die Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Betriebsgebäude eingeführt.
Ich habe an anderer Stelle in diesem Forum bereits einmal ausgeführt, dass Ratschläge auch manchmal „Schläge“ sind. Mein Tipp von gestern sollte Sie nur davor bewahren, dass Sie „der Schlag trifft“, falls Sie nach Erwerb des Grundstücks Probleme mit der Bauaufsicht bekommen sollten. Deshalb sollten Sie sich auf alle Fälle bei der Bauaufsicht erkundigen, was für Baugenehmigungen für welche Anlagen auf dem Grundstück vorliegen.
Baugenehmigungen haben für bauliche Anlagen praktisch den gleichen Wert wie Fahrzeugbriefe für Kraftfahrzeuge. Würden Sie ein Kfz ohne Fahrzeugbrief kaufen?
Sollten keine Baugenehmigungen auffindbar sein, müssten Sie zumindest wissen, wie die Bauaufsicht die geplante Nutzung beurteilt (siehe Frage 2 meines Beitrages von gestern).
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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Geschrieben von:
bodo wunderlich
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danke schön herr bebensee, ich werde auf jeden fall vor der kaufentscheidung das bauamt fraghen ob dort dann auch wohnen darf. obwohl es mich doch schon sehr wundert das im aussenbereich doch sehr viele aufgegebene höfe an privatleute verkauft wurden und habe noch nie´gehört das dies illegal sein könnte. probleme mit um,-erweiterungen und anbauten ist allgemein bekannt.unklar ist mir auch wie die banken solche resthöfe einfach so finanzieren wenn es unklar ist ob dort gewohnt werden darf.hier gehen die vermittler aufs glatteis, wobei sonst alles genau geprüft wird? interessieren würde mich aber trotzdem mal wie es mit dem baurecht um 1876 aussieht. gab es genehmigungen, bauamt? wurden nebengebäude eingetragen, angemeldet? konnte damals jeder, vielleicht mit rücksprache des bürgermeisters, ein stück land kaufen und losbauen? wie werden solche objekte baurechtlich behandelt? gelten sie als genehmigt weils keine genehmigungen gab?
ich finds schön das sie sich die zeit nehmen hier fachkundig zu beraten, vielen dank, bodo
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Geschrieben von:
Jens Bebensee
Fachdienstleiter Bauaufsicht
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Hallo Herr Wunderlich,
eine gute Entscheidung, vor dem Kauf beim Bauamt nachzufragen!
Natürliche wird es sicherlich Personen geben, die Gebäude eines aufgegebenen landwirtschaftlichen Betriebes kaufen oder gekauft haben und „ohne die Bauaufsicht gefragt zu haben“ einfach in das (ehemalige) landwirtschaftliche Wohnhaus einziehen bzw. eingezogen sind.
Wenn wir davon erfahren, werden wir prüfen, ob die neue Nutzung zulässigerweise aufgenommen wurde, d.h. zum Zeitpunkt der Aufnahme der „normalen“ Wohnnutzung hätte genehmigt werden können. Ist dies der Fall, genießt die neue Wohnnutzung Bestandsschutz (siehe weiter unter http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.php?bereich=1&bid=13 ).
Möglicherweise beantragen ja auch viel mehr Erwerber/innen solcher Resthöfe eine Nutzungsänderungsgenehmigung als Sie vielleicht denken... Denn wer ohne eine erforderliche Baugenehmigung eine Immobilie umbaut, riskiert etwaige steuerliche Förderungen (siehe z.B. http://www.lbs.de/microsite-presse/recht-und-steuern/rs-archiv-2000/schwarzbau und http://lexetius.com/2004,554 ).
Ausführungen über das Baurecht um 1876 würden sicherlich den Rahmen dieses Forums sprengen: Ich müsste mir die alten gesetzlichen Bestimmungen aus dem Archiv oder aus Büchereien beschaffen. Wie Sie vielleicht wissen, sind im Jahre 1943 viele Dokumente der Kreisverwaltung Stormarn mit dem damaligen Sitz in Wandsbek einem Luftangriff zum Opfer gefallen (siehe unter http://www.kreis-stormarn.de/aktuelles/pressemeldungen/show_entry.html?id=122&archive=2003 ).
Deshalb möchte ich mich darauf beschränken, auf das sog. Fluchtliniengesetz (Preußisches Gesetz betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften vom 02.07.1875, Gesetzsammlung S. 561) und meine Ausführungen vom 02.01.2007 an Herrn Domann (ebenfalls in diesem Forum unter dem Thema „Bauen im Außenbereich“) zu verweisen.
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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Zuletzt geändert am 06.04.2007 um 23:18:41 von Jens Bebensee.
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