Hallo Peter,
liegen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB vor (vgl.
http://dejure.org/gesetze/BauGB/35.html ), ist ein Ersatzbau für ein Wohngebäude im Außenbereich teilprivilegiert, weil diesem Ersatzbau bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden dürfen; öffentliche Belange, die nicht im § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB genannt werden (vgl. z.B. die im § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB genannten schädlichen Umwelteinwirkungen) bleiben hingegen weiterhin beachtlich.
Für Ersatzbauten lässt das Gesetz nicht nur geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten, sondern auch geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zu (§ 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB).
Diese Regelung ist auch sinnvoll, denn welche/r Eigentümer/in würde beispielsweise auf Sylt ein durch Sturmflut zerstörtes Wohnhaus an gleicher Stelle wieder aufbauen wollen?
In Ihrem Falle ist eine Standortabweichung offensichtlich wegen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewünscht worden. Die Tiefe der Abbauverbots- und Anbaubeschränkungszonen an Bundesfernstraßen können Sie § 9 FStrG entnehmen (vgl.
http://bundesrecht.juris.de/fstrg/__9.html ).
Zu 1.
Welches Sicherungsinstrument die Bauaufsichtsbehörde wählt, um sicherzustellen, dass nicht später zwei Wohngebäude auf einem Grundstück stehen, bleibt letztlich ihr überlassen. Eine Baulast ist jedenfalls ein geeignetes Instrument. In Betracht käme aus meiner Sicht beispielsweise auch eine auflösende Bedingung in der Baugenehmigung für den Ersatzbau, nach der die Baugenehmigung erlischt, wenn das Altgebäude nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Fertigstellung des Neubaus vollständig beseitigt ist.
Zu 2.
Selbstverständlich kann eine nach § 75 Abs. 11 Satz 1 LBO als erteilt geltende Baugenehmigung (vgl.
http://sh.juris.de/sh/BauO_SH_2000_P75.htm ) zurückgenommen werden, wenn sie rechtswidrig ist. Das ergibt sich aus § 116 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz - LVwG - (siehe
http://sh.juris.de/sh/VwG_SH_P116.htm ).
In Ihrem Falle scheint problematisch (gewesen) zu sein, ob die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c) und d) BauGB vorliegen.
Nach der Rechtsprechung darf das zu ersetzende Gebäude nicht fremd – also durch Mieter – genutzt worden sein. Es genügt, wenn die Eigennutzung durch die Familie des Eigentümers erfolgte.
Darüber hinaus muss die Eigennutzung über einen längeren Zeitraum erfolgt sein; allgemein wird ein Zeitraum von weniger als vier Jahren als nicht ausreichend erachtet werden können (BVerwG, Urt. v. 12.03.1982 – 4 C 59.78 – in BRS 39 Nr. 89 und OVG Lüneburg, Urt. v. 07.12.1977 – I A 198/75 – in BRS 33 nr. 77).
Das Gesetz erläutert nicht, was unter „Familie“ zu verstehen ist.
In seinem Urteil vom 23.01.1981 – 4 C 82.77 – (in BRS 38 Nr. 101) hat das BVerwG dies auf § 8 des inzwischen außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes gestützt. Danach rechne(te)n zur Familie die Angehörigen, die zum Familienhaushalt gehören oder alsbald nach Fertigstellung des Bauvorhabens, insbesondere zur Zusammenführung der Familie, in den Familienhaushalt aufgenommen werden sollen. Als Angehörige im Sinne dieses Gesetzes galten folgende Personen:
- der Ehegatte
- Verwandte in gerader Linie sowie Verwandte zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie,
- Verschwägerte in gerader Linie sowie Verschwägerte zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie,
- Pflegekinder ohne Rücksicht auf ihr Alter und Pflegeeltern.
In Bereichen des Wohnungsrechts wurde mit Wirkung vom 01.01.2002 von der strengen Bindung an den Familienbegriff abgerückt und dieser durch den Begriff „Haushaltsangehörige“ ersetzt.
Nach § 18 Abs. 2 Wohnraumförderungsgesetz (vgl.
http://bundesrecht.juris.de/wofg/__18.html ) sind „Haushaltsangehörige“
1. der Antragsteller,
2. der Ehegatte,
3. der Lebenspartner und
4. der Partner einer sonstigen auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft
sowie deren Verwandte in gerader Linie und zweiten Grades in der Seitenlinie, Verschwägerte in gerader Linie und zweiten Grades in der Seitenlinie, Pflegekinder ohne Rücksicht auf ihr Alter und Pflegeeltern.
NICHT zur Familie gehört beispielsweise eine geschiedene Ehefrau (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 17.12.1998 – 1 L 7125/96 – in BRS 60 Nr. 94, Leitsätze im Internet unter
http://www.justiz.hessen.de/VGRecht/Rechtsp.nsf/0ff7514c9bdb14d3c125654400494b3f/7fcbbfd1866293a3c1256778002f1ba1?OpenDocument ).
Soweit ersichtlich sind Rechtsprechung und Kommentarliteratur dieser Entwicklung hinsichtlich der begünstigten Vorhaben noch nicht vollständig gefolgt.
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee