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Thema: Formfehler Bauvorentscheid?

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Autor Beitrag
 Verfasst am: 23.05.2014 10:53:41 Titel: Formfehler Bauvorentscheid?
guten tag,
ich habe eine frage in bezug auf einen bauvorentscheid. mein bauvorhaben liegt im außenbereich. ich vermute einen formfehler.
der bauvorentscheid wurde negativ bescheinigt mit der wortwörtlichen begründung: \"Durch das Vorhaben würde eine ERWEITERUNG der VORHANDENEN SPLITTERSIEDLUNG erfolgen\"
das problem ist aber, dass die umliegenden gebäude definitiv im innenbereich stehen. rein formal gibt es also gar keine splittersiedlung. ergo kann diese (nichtvorhandene splittersiedlung) auch nicht erweitert werden...
sehe ich das falsch?
mfg
heinz ruge
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 Verfasst am: 24.05.2014 12:58:35 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
Guten Tag Herr Ruge,

wenn die anderen Gebäude im Innenbereich stehen, würde das bedeuten, dass wir es entweder mit einem Bebauungsplangebiet (§ 30 BauGB) oder aber - wovon ich einmal ausgehe - mit einem Bebauungszusammenhang zu tun haben, der bereits das Gewicht eines Ortsteils hat (§ 34 BauGB).

Dann wäre Ihr Vorhaben als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB aber gleichwohl nicht zulässig, weil es öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigen würde. Aus dem Wort „insbesondere“ lässt sich ablesen, dass dieser Absatz 3 Satz 1 (ganz bewusst) eine nicht abschließende Auflistung enthält, wann eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange anzunehmen ist.

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange „insbesondere“ vor, wenn ein Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Dieser öffentliche Belang will eine unorganische Siedlungsstruktur und Zersiedlung des Außenbereichs verhindern, denn eine Splittersiedlung steht im Gegensatz zum (im Zusammenhang bebauten) Ortsteil, in dem eine Bebauung im Regelfall städtebaulich erwünscht ist.

Nun kann die Entstehung einer Splittersiedlung eben auch durch die Ausuferung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils anzunehmen sein, denn dadurch kann eine städtebaulich unerwünschte Zersiedlung des Außenbereichs eintreten. Deshalb fällt das Ausufern eines Ortsteils auch unter den Begriff der unerwünschten Entstehung einer Splittersiedlung oder einer sonst siedlungsstrukturell zu missbilligenden Entwicklung.

Insofern hat der ablehnende Vorbescheid vielleicht eine kleine Unklarheit, dürfte „im Ergebnis“ jedoch richtig sein.


Sollten die anderen Gebäude (entgegen Ihrer Annahme) nicht das Gewicht eines Ortsteils haben, wäre der Bebauungskomplex eine Splittersiedlung, deren Erweiterung in der Tat zu befürchten wäre.

Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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 Verfasst am: 24.05.2014 16:21:12 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
guten tag herr bebensee,
vielen dank für ihre stellungnahme.
ich habe wirklich viel zeit verbracht in bezug auf die thematik \"splittersiedlung\" bzw. \"außenbereich\" - explizit mindestens acht wochen - und auch dementsprechend viele forenbeiträge studiert und ausgewertet und das komplette internet durchforstet. den §35 kenne ich mittlerweile auswendig und kann alles umsetzen und nachvollziehen.
ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass die rechtliche definition der splittersiedlung übereinstimmt mit der aussage unter folgendem link: http://www.jurawiki.de/DefinitionSplittersiedlung
danach ist eine splittersiedlung eine wohnbebauung im außenbereich.
es ist klar, das durch mein bauvorhaben eine splittersiedlung entsteht, aber ich erweitere bzw. verfestige ja keine, weil´s eben gar keine gibt. ein vorbescheid kann doch nicht abgelehnt werden aufgrund der erweiterung einer nicht vorhandenen splittersiedlung ;-)
er wurde ja nicht abgelehnt, weil eine splittersiedlung entsteht.
ich lege hier mal die wörter auf die goldwaage. da bin ich mal pingelig.
sollte eine splittersiedlung allerdings auch - wie sie richtig vermuten - in einem Bebauungszusammenhang der bereits das Gewicht eines Ortsteils hat (§ 34 BauGB) hat, zu finden sein, bin ich natürlich \"draußen\" - im wahrsten sinne des wortes...
dann wäre höchstens noch eine satzungsänderung seitens der gemeinde eine vorgehensmaßnahme. wurde in unserem 350-seelen-dorf auch schon zweimal durchgezogen.
auf jeden fall, nochmals vielen dank für ihr engagement.
mfg
ruge
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 Verfasst am: 26.05.2014 08:35:58 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
Guten Tag Herr Ruge,

keine Ursache.

Im ablehnenden Vorbescheid hätte man vielleicht besser formulieren sollen, dass das Vorhaben sich als eine siedlungsstrukturell unerwünschte Anschlussbebauung darstellt, die die Gefahr begründet, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten könnten.

Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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 Verfasst am: 26.05.2014 14:29:36 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
hallo herr bebensee,
falls von interesse:
ich habe heute einen fachanwalt konsultiert.
es handelt sich rechtlich nicht um einen "formfehler", sondern um "eine abweichende materiell-rechtliche bewertung".
das mittel zur wahl ist die einlegung eines widerspruchs mit, zitat: "nicht unerheblicher aussicht auf erfolg".
für alle interessierten mitleser bleibt abschließend zu bemerken, dass es sich hierbei NICHT um eine auseinandersetzung mit dem kreis stormarn handelt.
mfg
heinz ruge
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 Verfasst am: 26.05.2014 15:21:45 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
Hallo Herr Ruge,

besten Dank für die Info.

Entscheidend ist, dass die Bauaufsichtsbehörde die Sache im Widerspruchsverfahren noch glatt ziehen bzw. richtig stellen kann.

Beste Grüße
Jens Bebensee
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 Verfasst am: 01.06.2014 09:38:05 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
guten tag herr bebensee,
entschuldigen sie, dass ich noch einmal störe.
es geht bei meiner frage auch nicht um mein bauvorhaben, sondern um eine bauvoranfrage eines bekannten. der sachverhalt liegt schon ca. zwei jahre zurück und der negative vorbescheid ist nicht mehr anfechtbar. sachverhalt:
mein bekannter hatte versäumt, das gemeindliche einvernehmen einzuholen. bevor ein negativer bescheid erging, gab man ihm die möglichkeit einer "anhörung". im anschreiben des bauamtes wurde das fehlen des "gemeindliches einvernehmen" erwähnt. mein bekannter hat daraufhin umgehend einen antrag bei der gemeinde gestellt und dem bauamt genauso umgehend mitgeteilt, dass er diesen bescheid nachreichen würde. trotzdem wurde ca. eine woche nach seiner stellungnahme gegenüber des bauamtes ein negativer vorbescheid erlassen. ist ein nachreichen von unterlagen bei einer bauvoranfrage unzulässig?
ganz kurze antwort würde mir genügen. vielen dank.
mfg
heinz ruge
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 Verfasst am: 01.06.2014 18:45:54 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
Hallo Herr Ruge,

eine Bauvoranfrage ist bei der Gemeinde einzureichen, die sie unverzüglich - spätestens innerhalb einer Woche - an die Baugenehmigungsbehörde weiterzuleiten hat (es sei denn, die Gemeinde ist selbst Baugenehmigungsbehörde).

Mit Einreichen der Voranfrage und den für die Beurteilung der Anfrage erforderlichen Unterlegen beginnt für die Gemeinde die Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB zu laufen.

Das Einvernehmen braucht der Antragsteller also nicht einzuholen.

Ich gehe davon aus, dass die Gemeinde auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg fristgerecht ihr Einvernehmen versagt hat.

Beste Grüße
Jens Bebensee
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 Verfasst am: 02.06.2014 08:16:14 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
vielen dank für ihre einschätzung herr bebensee.
es stellt sich die frage für mich in diesem fall: wer oder was ist die gemeinde?
zur erläuterung: das dorf xyz gehört zum amt abc. die bauvoranfrage wurde direkt an das amt geschickt (nach vorheriger telefonischer absprache mit dem hinweis "der bürgermeister werde sowieso informiert"). bei dem telefonischen vorgespräch wurde meinem bekannten nicht erörtert, dass die gemeinde dem bauvorhaben im vorfeld zustimmen muss. ansonsten hätte sich mein bekannter erst an den bürgermeister gewandt.
ich habe gestern abend noch einmal mit meinem bekannten gesprochen und gebe seine schilderung hier so weiter.
das amt hat die unterlagen fristgerecht weitergereicht an die baugenehmigungsbehörde.
der bürgermeister in person hat bei seinem besuch auf dem amt "sein" gemeindliches einvernehmen nicht erteilt. diese entscheidung ist nicht im gemeinderat beschlossen worden. ist der bürgermeister befugt, diese entscheidung allein zu treffen? wenn ja, ist der fall klar. wenn nein d.h. die entscheidung hätte im gemeinderat fallen müssen, wäre es rechtlich doch so nicht hinnehmbar gewesen.
auf jeden fall ist mein bekannter, nach dem schreiben der baugenehmigungsbehörde (betitelt als "anhörung") zum bürgermeister gegangen und hat nachgefragt. dieser regte dann an, auf der nächsten gemeinderatssitzung das thema zur sprache zu bringen bzw. das gemeindlich einvernehmen zu erteilen (mit dem hinweis "jo, dat geiht dörch" :-)).
so, genau dieser beschluss hätte der baugenehmigungsbehörde nachgereicht werden müssen. bevor es dazu kam, wurde allerdings der negative vorbescheid erteilt.
komische sache meiner meinung nach.
mfg
heinz ruge
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 Verfasst am: 02.06.2014 09:57:08 Titel: Re: Formfehler Bauvorentscheid?
Sehr geehrter Herr Ruge,

keine Ursache.

Zu Ihren Ausführungen habe ich folgende abschließenden Bemerkungen:

Die Bauvoranfrage wurde richtigerweise direkt an das Amt geschickt. Bei dem telefonischen Vorgespräch musste Ihrem Bekannten nicht erörtert werden, dass die Gemeinde zu dem Bauvorhaben ihr Einvernehmen erteilen muss.

Dass das Amt hat die Unterlagen fristgerecht an die Baugenehmigungsbehörde. weitergereicht hat, ist in Ordnung.


Zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens:

Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung (GO) trifft die Gemeindevertretung alle für die Gemeinde wichtigen Entscheidungen in Selbstverwaltungsangelegenheiten und überwacht ihre Durchführung, soweit dieses Gesetz keine anderen Zuständigkeiten vorsieht. Sie kann Entscheidungen, auch für bestimmte Aufgabenbereiche, allgemein, durch die Hauptsatzung oder im Einzelfall durch Beschluss auf den Hauptausschuss, einen anderen Ausschuss oder die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister übertragen, soweit nicht § 28 (GO) entgegensteht (§ 27 Abs. 1 Satz 3 GO).

§ 27 Abs. 1 Satz 7 GO stellt klar, dass als wichtige Entscheidung im Sinne des Satzes 2 auch die Entscheidung über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach dem Baugesetzbuch gilt. Damit regelt normalerweise die gemeindliche Hauptsatzung, wer in der Gemeinde für die Erteilung des Einvernehmens zuständig ist. Nur wenn die Hauptsatzung zu diesem Thema keine Regelung enthält, ist die Gemeindevertretung zuständig.

Für die Baugenehmigungsbehörde sind diese „gemeindlichen Interna“ nahezu unbedeutend. Entscheidend ist, dass das Amt die Ziffer 7 des Vordrucks „Stellungnahme der Gemeinde…“ (siehe unter -> http://www.kreis-stormarn.de/lvw/forms/5/53/Anlage04StellungnahmeGemeindeE.pdf ) ausfüllt.


Zum Anhörungsschreiben:

Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift (zum Beispiel ein Ablehnungsbescheid oder eine Bauordnungsverfügung), ist dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Das ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz (LVwG).

Da für Vorbescheidsanträge, die keine Sonderbauten im Sinne des § 51 Abs. 2 der Landesbauordnung betreffen, Fiktionsfristen gelten, ist die Baugenehmigungsbehörde häufig genötigt, sehr zügig (nach Versendung einer Anhörung) über die Anträge zu entscheiden. Mitunter muss sie sogar auf den Erlass eines Anhörungsschreibens verzichten und ist dann gehalten, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens die Anhörung nachzuholen (vgl. § 114 Abs. 1 Nr. 3 LVwG).

Da der negative Vorbescheid nicht angefochten worden ist, ist er bestandskräftig.

Falls Ihr Bekannter seine Absicht, das Grundstück zu bebauen, weiter verfolgen möchte, müsste er also einen neuen Vorbescheidsantrag stellen.

Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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