Hallo Frau Richter,
danke für das große Lob.
Ein Mobile Home (auf Rädern) erfüllt zunächst einmal das Merkmal einer baulichen Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Nach dieser Vorschrift sind
„…Bauliche Anlagen … mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Bauliche Anlagen sind auch
…
5. Anlagen, die auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich sind oder dazu bestimmt sind, vorwiegend ortsfest benutzt zu werden,
…
8. Lagerplätze, Abstell- und Ausstellungsplätze,
9. Stellplätze,
10. Camping- und Wochenendplätze,
11. Spiel- und Sportplätze,
…“
Damit gilt die NBauO auch für das Mobile Home (vgl. § 1 Absatz 1 NBauO), denn es ist mit dem Erdboden verbunden bzw. ruht auf ihm.
Es gibt übrigens eine ganze Reihe verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen, dass selbst ein Wohnboot eine bauliche Anlage ist.
So hat beispielsweise die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Schleswig in ihrem Urteil vom 30.04.2012 - 8 A 45/11 - (veröffentlicht in NordÖR 10/2012 Seite 454) folgenden Leitsatz aufgestellt:
„...1. Ein Ponton mit Aufbauten, die einem Wohnhaus bzw. Ferienhaus entsprechen, zur überwiegend ortsfesten Nutzung ist eine bauliche Anlage sowohl nach § 2 Abs. 1 Satz 1 LBO SH als auch nach § 29 BauGB.
2. Die bauaufsichtlichen Befugnisse bestehen grundsätzlich auch im Bereich einer Bundeswasserstraße.
3.…“
In ihrer Urteilsbegründung hat die Kammer u. a. ausgeführt:
„…Beim Ortstermin … ruhte der Ponton „Y“ aufgrund von Niedrigwasser durch eigene Schwere auf dem Boden der Schlei. Bei Niedrigwasser ist somit schon dadurch eine bauliche Anlage i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 LBO gegeben.
Auch in dem Falle, dass bei höherem Wasserstand der Ponton aufschwimmt, sind die Voraussetzungen für die Annahme einer baulichen Anlage i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 LBO erfüllt, da der Ponton „Y“ mittels Seilen an den in den Boden der Schlei eingebrachten Pfählen befestigt und daher mit dem Erdboden verbunden ist.
Unabhängig davon erfüllt der Ponton „Y“ auch die Voraussetzungen für die Annahme einer baulichen Anlage gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz 3. Alternative LBO, da es sich um eine Anlage handelt, die nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden…“
Das Mobile Home erfüllt auch die Merkmale eines Gebäudes i. S. d. § 2 Abs. 2 NBauO. Danach sind Gebäude
„… selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen….“
Diese Funktion soll das Mobile Home nach Ihrer Beschreibung erfüllen.
Schließlich ist das Mobile Home auch ein Vorhaben i. S. d. § 29 Abs. 1 BauGB (siehe unter ->
http://dejure.org/gesetze/BauGB/29.html ) mit der Folge, dass die §§ 30 bis 37 BauGB - also auch die Außenbereichsregelungen des § 35 BauGB (siehe unter ->
http://dejure.org/gesetze/BauGB/35.html ) - Anwendung finden.
Soweit ich das überblicke, benötigen Sie für die Aufstellung des Mobile Home eine Baugenehmigung.
Nach § 59 Abs. 1 NBauO bedürfen Baumaßnahmen der Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde (Baugenehmigung), soweit sich aus den §§ 60 bis 62, 74 und 75NBauO nichts anderes ergibt.
„Etwas anderes“ könnte sich in diesem Falle bestenfalls aus § 60 NBauO ergeben, der sich u. a. mit verfahrensfreien Baumaßnahmen befasst.
Nach § 60 Abs. 1 NBauO dürfen
„…Die im Anhang genannten baulichen Anlagen und Teile baulicher Anlagen … in dem dort festgelegten Umfang ohne Baugenehmigung errichtet, in bauliche Anlagen eingefügt und geändert werden (verfahrensfreie Baumaßnahmen). .Verfahrensfreie Baumaßnahmen sind auch die im Anhang genannten Baumaßnahmen…“
Der Anhang zu § 60 Abs. 1 NBauO befasst sich unter Ziffer 1 mit verfahrensfreien Gebäuden.
Verfahrensfrei sind nach Ziffer 1.1
„…Gebäude und Vorbauten ohne Aufenthaltsräume, Toiletten und Feuerstätten, wenn die Gebäude und Vorbauten nicht mehr als 40 m3 – im Außenbereich nicht mehr als 20 m3 – Brutto-Rauminhalt haben und weder Verkaufs- noch Ausstellungszwecken noch dem Abstellen von Kraftfahrzeugen dienen,…“
Ich gehe davon aus, dass das Mobile Home die 20 m³-Grenze überschreitet und damit baugenehmigungspflichtig sein wird.
Selbst wenn die Grenze eingehalten und das Mobile Home nur max. 20 m³ Brutto-Rauminhalt (umbauten Raum) hätte - die Bestimmungen des § 35 BauGB würden trotzdem greifen, was man auch dem § 59 Abs. 3 NBauO entnehmen kann.
Danach müssen
„…Genehmigungsfreie und verfahrensfreie Baumaßnahmen … die Anforderungen des öffentlichen Baurechts ebenso wie genehmigungsbedürftige Baumaßnahmen erfüllen, es sei denn, dass sich die Anforderungen auf genehmigungsbedürftige Baumaßnahmen beschränken. Genehmigungsvorbehalte in anderen Vorschriften, namentlich im Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz und im städtebaulichen Planungsrecht, bleiben unberührt…“
§ 35 BauGB ist eine Vorschrift des städtebaulichen Planungsrechts. Er lässt sogenannte sonstige Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich nur zu, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden.
Im Regelfall widerspricht eine solche Nutzung, wie Sie sie planen, den Darstellungen des Flächennutzungsplans und lässt die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 7 BauGB).
Im Ergebnis halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass der Landkreis einen Baugenehmigungsantrag ablehnen würde. Da das öffentliche Bauecht „Bodenrecht“ ist, darf er die persönlichen oder wirtschaftliche Umstände der Betroffenen weder zu ihren Gunsten noch zu ihren Lasten berücksichtigen.
Ich würde an Ihrer Stelle das Gespräch mit der Bauaufsichtsbehörde suchen oder über einen Vorbescheidsantrag verbindlich klären lassen, ob sich Ihr Vorhaben nicht doch realisieren lässt.
Haben die Grundstückseigentümer die Absicht, anzubauen, käme möglicherweise die Regelung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB in Betracht. Wenn eine solche Erweiterung genehmigt würde, käme das Mobile Home möglicherweise für die Bauzeit als verfahrensfreie „…Baustelleneinrichtungen einschließlich der für die Baustelle genutzten Lagerhallen, Schutzhallen und Unterkünfte…“ in Betracht (Ziffer 11.14 des Anhangs zu § 60 Abs. 1 NBauO).
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee