Sehr geehrte Frau Fritz,
vielen Dank für den Hinweis – ich habe die Sache jetzt bereinigt und Frau Netzag geantwortet.
Nun zu Ihrem Anliegen, das ich offen gestanden nur ganz ungern beantworte, weil es auf den zweiten Blick ziemlich viel Konfliktstoff in sich trägt…
Doch der Reihe nach:
Scheunen können im Außenbereich regelmäßig nur dann entstehen, wenn sie nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sind. Das trifft normalerweise auf Scheunen zu, die längere Zeit einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, zum Begriff der „Landwirtschaft“ § 201 BauGB). Um den Strukturwandel in der Landwirtschaft zu erleichtern, hat der Bundesgesetzgeber die Vorschrift des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB eingeführt, der die Möglichkeit eröffnet, in eine (massive) Scheune, die die Betriebsinhaberin (Landwirtin) oder der Betriebsinhaber (Landwirt) nicht mehr betrieblich nutzt, unter bestimmten Voraussetzungen eine anderweitige Nutzung (etwa eine gewerbliche oder eine Wohnnutzung) unterzubringen. Eine solche Funktionsänderung, entprivilegiert die Anlage und lässt sie zu einem sogenannten „sonstigen Vorhaben“ werden, das im Außenbereich regelmäßig nicht genehmigt werden kann (vgl. § 35 Abs. 2 und 3 BauGB). Formal ist eine Funktionsänderung praktisch wie ein Neubau zu sehen: man müsste sich die bestehende Anlage eigentlich wegdenken und dann die Frage beantworten, ob ein Neubau mit der neuen Nutzung an dem Standort genehmigt würde. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB knüpft an einen bereits vorhandenen Baubestand an und erklärt deshalb ganz bestimmte öffentliche Belange, die einem Neubau an der Stelle entgegengehalten werden müssten, kraft Gesetzes für unbeachtlich. Beachtlich bleibt aber beispielsweise der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, wonach eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt, wenn ein Vorhaben (die Nutzungsänderung) schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. So würde man eine Nutzungsänderung einer Scheune in ein Dauerwohnhaus beispielsweise nicht genehmigen können, wenn der (weiterhin bestehende) oder ein anderer landwirtschaftlicher Betrieb unzumutbare Geruchsimmissionen für die künftigen Wohnnutzer hervorrufen würde.
Ich unterstelle, dass die Ihnen vorliegende Baugenehmigung für eine Dauerwohnnutzung auf der Grundlage des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB erteilt worden ist und mit der Umsetzung der Baumaßnahmen entsprechend der Baugenehmigung eine Entprivilegierung eintreten wird. Eine nochmalige Nutzungsänderung könnte dann nur noch auf der Grundlage des § 35 Abs. 2 BauGB beurteilt werden.
Innerhalb der Geltungsdauer der Nutzungsänderungsgenehmigung dürfen Sie (zunächst) nur das verwirklichen, was Ihnen tatsächlich genehmigt worden ist – und das ist offensichtlich ein Gebäude (natürlich kein neues) für eine Dauerwohnnutzung.
Nun kenne ich den genauen Inhalt der Baugenehmigung nicht, so dass ich mich im Folgenden auf recht „dünnes Eis“ begebe:
Baurechtlich dürften keine Bedenken bestehen, wenn Sie die fertige Anlage nicht gleich selbst nutzen, sondern für einen längeren Zeitraum an Fremde vermieten. Auch gegen eine Wochenendnutzung durch Sie bestehen im Grundsatz keine baurechtlichen Bedenken (vgl. dazu VG München, Urteil vom 11.10.2012 - M 11 K 11.3428 – unter ->
http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?printview=true&doc.id=JURE120023000&st=ent&showdoccase=1¶mfromHL=true ab Randnummer 31 ff.).
Wegen des vornehmlich gewerblichen Charakters und der ständig wechselnden Nutzerinnen und Nutzer hätte ich gegen eine Ferienhausnutzung hingegen baurechtliche Bedenken.
Das Landesrecht regelt, wann eine Nutzungsänderung baugenehmigungspflichtig ist. Nach § 63 Abs. 2 Nr. 1 der Landesbauordnung Schleswig-Holstein ist eine Nutzungsänderung u.a. nur dann verfahrensfrei, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen. Kommen also andere (hier steht nicht: weitergehende) öffentlich-rechtliche Anforderungen (z. B. gewerbliche) in Betracht, ist eine Nutzungsänderung baugenehmigungspflichtig.
Die Nutzung eines als Wochenendhaus genehmigten Gebäudes zu Dauerwohnzwecken ist jedenfalls baugenehmigungspflichtig (vgl. z. B. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 23.10.2006 – 7 A 4947/05 – unter ->
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2006/7_A_4947_05urteil20061023.html , insbesondere ab Randnummer 51).
Dieses Urteil würde Ihnen dann Probleme bereiten, wenn Sie das Gebäude zunächst (nur) als Ferienhaus vermieten würden und später dort dauerhaft wohnen wollten. In diesem Falle wäre aus meiner Sicht fraglich, ob man Ihnen eine solche Nutzung (noch einmal) genehmigen würde.
Ich würde die Sache an Ihrer Stelle noch einmal mit der für Sie zuständigen Bauaufsichtsbehörde in einem Bauberatungsgespräch erörtern und im Zweifelsfall auch eine Bauvoranfrage stellen.
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee