Geschrieben von:
Jens Bebensee
Fachdienstleiter Bauaufsicht
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Guten Abend Barbara,
gern geschehen – Sie sehen jedoch genau an diesem Beispiel, dass eine Antwort nicht immer so schnell gegeben werden kann. Das liegt daran, dass unsere Hauptarbeit selbstverständlich Vorrang vor den Forumsbeiträgen hat.
Im Kern habe ich Ihre Frage bereits am 16.05.2013 mit den letzten beiden Sätzen beantwortet:
„…Ziel der Regelung des § 6 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 LBO ist es, das Nachbargrundstück nicht mit mehr als 9 m Grenzbebauung (die höher als 2 m ist) zu belasten. Das lässt sich auch dem § 6 Abs. 8 LBO entnehmen, nach dem o f f e n e Einfriedungen grundsätzlich in den Abstandflächen zulässig sind…“
§ 6 Abs. 7 Satz 1 LBO zählt in seinen Nummern 1 bis 5 zunächst allgemein Gebäude und andere Anlagen auf, die in den Abstandflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandflächen zulässig sind, auch wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze oder an das Gebäude angebaut werden:
Die Nummern 1 bis 3 erfassen Gebäude im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 LBO,
die Nummer 4 erfasst gebäudeunabhängige (also selbstständige) Solaranlagen (wobei man beispielsweise aufgeständerte Solaranlagen auf einer Schafweide ab einer bestimmten Höhe und Fläche durchaus auch als Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 LBO ansehen könnte), und
die Nummer 5 erfasst Stützwände und geschlossene Einfriedungen.
Im 3-m-Grenzbereich gelten nach § 6 Abs. 7 Satz 2 LBO die längen- und höhenmäßigen Beschränkungen für die in Satz 1 (Nummer 1 bis 3) genannten Gebäude. Für die gebäudeunabhängigen Solaranlagen enthält § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 LBO bereits die längenmäßige Beschränkung von 9 m; die Höhe dieser Anlagen ist auf maximal 2,75 m beschränkt (absolute Höhe - nicht mittlere Höhe, wie in § 6 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 LBO).
Ein Sichtschutzzaun ist bekanntlich kein Gebäude. Wenn von ihm allerdings Wirkungen wie von einem Gebäude ausgehen, gelten die Abstandflächenregelungen des § 6 LBO auch für ihn. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO gehen von Anlagen, die kein Gebäude sind, insbesondere Wirkungen wie von Gebäuden aus, wenn sie länger als 5 m und höher als 2 m sind, bei Terrassen, wenn diese höher als 1 m sind. Das Wort „insbesondere“ soll verdeutlichen, dass etwa die Maßangaben von 5 m und 2 m nur beispielhaft genannt wurden. Man kann also nicht den Schluss ziehen, dass von einem Sichtschutzzaun nur dann Wirkungen von Gebäuden ausgehen, wenn er länger als 5 m u n d höher als 2 m ist.
So hatte beispielsweise das damals noch für Schleswig-Holstein zuständige OVG Lüneburg in seinem Urteil vom 26.02.1988 – 1 OVG A 149/86 – (in „Die Gemeinde“ 1988, S. 241) entschieden, dass ein Holzflechtzaun mit ca. 18 m Länge und 1,70 m Höhe eine Anlage ist, von der Wirkungen wie von einem Gebäude ausgehen.
Also:
Man muss die Gesamtanlage und ihre Wirkung auf das Nachbargrundstück sehen und kann nicht nur jeweils einzelne Abschnitte betrachten, die für sich gesehen die Maße einhalten.
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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Zuletzt geändert am 02.06.2013 um 19:38:23 von Jens Bebensee.
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