Internetportal Kreis Stormarn

  Willkommen im Stormarnforum

Buergerportal Kreis Stormarn
Buergerportal Kreis Stormarn
Buergerportal Kreis Stormarn
 

Schließen Bis auf weiteres können vom Fachdienst Bauaufsicht keine fachlichen Auskünfte gegeben werden.

Wir bitten um Ihr Verständnis.

Thema: Grundflächenzahl

Sortierung der Artikel: Aufsteigend Absteigend nach Datum

Autor Beitrag
 Verfasst am: 16.03.2013 22:24:16 Titel: Grundflächenzahl
Hallo,

wir haben ein Haus gebaut und wollen nun noch eine Doppelgarage mit anschließendem Doppelcarport bauen mit einer Gebäudelänge von 14m. Laut B-Plan gilt ohne weitere Einschränkungen usw. eine GRZ von 0,25.
Wir haben die Nachbarzustimmung schriftlich erhalten und wollen eine Genehmigungsfeistellung nach §68 stellen. Die Anzahl der 4 Stellplätze ist wohl schon ein Problem, aber der Sachbearbeiter hat mir schon signalisiert, dass dies genehmigt werden kann. Uns kommt nun die GRZ in die Quere.

Muss bei der GRZ 1 der Dachüberstand vom Haus mit eingerechnet werden?
Kann man die Zufahrt für die GRZ 2 zur Hälfte anrechnen?

In unserer ersten Genehmigungsfreistellung wurden die Dachüberstände nicht berüchsichtigt und auch die Zufahrt nur zur Hälft, das Bauamt hat dem nicht widersprochen, jetzt bei der neuen Genehmigungsfreistellung bestehen sie auf die andere Berechnung. Kann ich mich auf die bereits erteilte Genehmigung berufen?
Navigation: nach obenNach oben
Navigation: nach obenNach unten
 Verfasst am: 19.03.2013 11:30:52 Titel: Re: Grundflächenzahl
Hallo Susi,

ein Genehmigungsfreistellungsverfahren kann u. a. nur in Betracht kommen, wenn Sie eine/n in der Liste eingetragene/n Entwurfsverfasser/in mit der Erstellung der Bauvorlagen beauftragen (vgl. § 68 Abs. 6 Satz 1 LBO und -> http://www.kreis-stormarn.de/service/lvw/leistungen/index.html?lid=309 ). Unter Abschnitt V des „Bauantragsformulars“ (siehe -> http://www.kreis-stormarn.de/lvw/forms/5/53/Anlage01_Bauantrag.pdf ) muss diese Fachfrau/dieser Fachmann durch Unterschrift bestätigen, dass die von ihr/ihm gefertigten Bauvorlagen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. Soweit für das Vorhaben Abweichungen nach § 71 LBO oder Ausnahmen oder Befreiungen nach § 31 BauGB erforderlich sind, müssen die entsprechenden Anträge beigefügt sein. Im Fall der Genehmigungsfreistellung unterschreibt die/der Entwurfsverfasser/in außerdem, dass die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 und 2 LBO vorliegen.

Dass die Bauaufsichtsbehörde bei der „ersten“ Genehmigungsfreistellung nicht reagiert hat, ist keine Garantie dafür, dass in dem Verfahren alles richtig gemacht worden ist: Dem § 68 Abs. 4 LBO können Sie entnehmen, dass die Bauaufsichtsbehörde zwar berechtigt (Satz 2), nicht aber verpflichtet ist, die von Fachleuten erstellten Bauvorlagen auf Richtigkeit zu überprüfen (Satz 1).

Aus bauordnungsrechtlicher Sicht begegnet das 14 m lange Gebäude Bedenken, wenn es im 3-m-Bereich zur Nachbargrenze errichtet werden soll, denn dort gelten längen- und höhenmäßige Beschränkungen (vgl. § 6 Abs. 7 Satz 2 LBO). Der 14 m lange Baukörper löst– kurz gesagt – in diesem Falle auf seiner gesamten Länge eine Abstandfläche von mindestens 3 m aus. Ob hier wegen der vorliegenden Nachbarzustimmung eine Abweichung nach § 71 LBO, die schriftlich zu beantragen wäre, ausreicht, oder eine 14 m x 3 m große Abstandflächenbaulast erforderlich wird (dazu müssten entsprechende Freiflächen auf dem Nachbargrundstück vorhanden sein), muss die zuständige Bauaufsichtsbehörde verantworten.

Zur GRZ lässt sich schwer etwas sagen, wenn man nicht weiß, welche Baunutzungsverordnung (BauNVO) für den hier maßgeblichen Bebauungsplan gilt (siehe -> http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bid=59 ).

Zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO (aller Fassungen) ist in jedem Fall „…der errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen ü b e r d e c k t werden darf…“

Ich gehe davon bei den folgenden Ausführungen davon aus, dass für den hier maßgeblichen Bebauungsplan die BauNVO 1990/1993 gilt.

Die Ermittlung der Grundfläche erfolgt in mehreren Schritten:

1.
Zunächst wird nach § 19 Abs. 2 BauNVO 1990/1993 die Grundfläche der – voll einzurechnenden - Hauptanlagen ermittelt.

2.
Danach werden die Grundflächen der im § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO 1990/1993 aufgelisteten Anlagen errechnet, die keine Hauptanlagen sind.

Da es hier um Bundesrecht geht (Vorhaben bzw. bauliche Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB), sind auch landesrechtlich verfahrensfreie Anlagen mitzurechnen, die städtebauliche Bedeutung haben (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB).
Zu den Zufahrten im Sinne des § 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauNVO 1990/1993 gehören alle zum Anfahren der Garagen und Stellplätze erforderlichen befestigten Flächen, nicht nur die Einfahrten im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB (vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG Lüneburg, Urt. v. 28.04.2005 – 1 LB 29/04 – unter -> http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE101790600&st=null&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint ).
§ 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO 1990/1993 hat Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO im Blick (siehe hierzu -> http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=5&bid=14 ).
In Ergänzung bzw. Abgrenzung zur „Überdeckung“ nach § 19 Abs. 2 und Abs. 4 Nrn. 1 und 2 BauNVO 1990/1993 werden auch vollständig unterhalb der Geländeoberfläche befindliche Neben- und Hauptanlagen mitgerechnet (zur Geländeoberfläche siehe -> http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bid=101 ).

3.
Schließlich werden die unter 2. ermittelten Werte durch die Sätze 2 bis 4 des § 19 BauNVO 1990/1993 relativiert.

3.1
Satz 2 Halbsatz 1 nennt zunächst zwei Obergrenzen:

a) die Obergrenze von bis zu 50% der zulässigen Grundfläche;
b) die maximale GRZ von 0,8 (sog. Kappungsgrenze), die allerdings nicht für die Fälle gilt, in denen eine höhere GRZ festgesetzt ist (z. B. Gewerbe-, Industrie- oder Sondergebiet, vgl. § 17 BauNVO).

3.2
Satz 2 Halbsatz 2 ermächtigt die Bauaufsichtsbehörde, weitere Überschreitungen „in geringfügigem Ausmaß“ zuzulassen. Hier ist in erster Linie an die Überschreitung der 50%-Grenze (Fall 3.1 a) gedacht.
Die Bauaufsichtsbehörde benötigt für eine solche Zulassung nicht das gemeindliche Einvernehmen, weil es sich nicht um eine Ausnahme im Sinne des § 31 Abs. 1 BauGB handelt (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB).

3.3
Ob der Bebauungsplan „abweichende Bestimmungen“ im Sinne des Satzes 3 enthält, lässt sich Ihren Ausführungen nicht entnehmen.

3.4
Wenn der Bebauungsplan keine „anderweitigen“ Festsetzungen enthält, könnte möglicherweise auch auf die Regelung des Satzes 4 Nr. 1 oder 2 zurückgegriffen werden.


Ich wollte Sie nicht zutexten oder langweilen, sondern nur deutlich machen, dass die Ermittlung der GRZ gar nicht so einfach ist und die „Dachüberstände“ möglicherweise gar nicht Ihr Problem sind.

Zur Anrechung von Dachüberständen habe ich in einschlägigen Kommentierungen leider unterschiedliche Auffassungen gefunden.

In seinem Urteil vom 21.10.2004 – 4 C 3.04 – (siehe -> http://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/211004U4C3.04.0.pdf ) hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts beispielsweise entschieden, dass die Fläche, die vom Rotor einer Windkraftanlage überstrichen werden kann, bei der Ermittlung der Grundfläche der Anlage nicht mitzurechnen ist.

Der Senat führt in dem Urteil weiter aus
„…Der Begriff der Überdeckung setzt nicht voraus, dass alle in Betracht kommenden Teile der baulichen Anlage eine unmittelbare Verbindung mit Grund und Boden haben müssen. Auch in den Luftraum hineinragende Teile können die Grundstücksfläche im Sinne von § 19 Abs. 2 BauNVO überdecken. Dabei muss es sich aber um "wesentliche" Teile handeln. Wesentlich muss der in den Luftraum hineinragende Anlagenteil für die Berechnung der Grundfläche sein. Die Mitrechnung der Fläche muss nach Sinn und Zweck der nach der BauNVO zulässigen Festsetzungen über die Grundfläche gerechtfertigt sein (vgl. König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 19 Rn. 8). Nach diesen Grundsätzen sollen z.B. Erker und auskragende Obergeschosse mitzurechnen sein, untergeordnete Bauteile wie Dachüberstände, Gesimse oder Fensterbänke hingegen nicht (vgl. Bielenberg, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 19 BauNVO Rn. 16; Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, § 19 BauNVO Rn. 5; Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 19 Rn. 4.2; König, a.a.O., § 19 Rn. 8)…“

Um es „auf den Punkt“ zu bringen:
Dachüberstände, die die Maße des § 6 Abs. 6 Nr. 1 LBO beachten, würde ich persönlich nicht anrechnen.

Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee


---
Zuletzt geändert am 19.03.2013 um 11:31:56 von Jens Bebensee.
Navigation: nach obenNach oben
Navigation: nach obenNach unten

Sortierung der Artikel: Aufsteigend Absteigend nach Datum