Internetportal Kreis Stormarn

  Willkommen im Stormarnforum

Buergerportal Kreis Stormarn
Buergerportal Kreis Stormarn
Buergerportal Kreis Stormarn
 

Schließen Bis auf weiteres können vom Fachdienst Bauaufsicht keine fachlichen Auskünfte gegeben werden.

Wir bitten um Ihr Verständnis.

Thema: Seitliche Abstandsfläche

Sortierung der Artikel: Aufsteigend Absteigend nach Datum

Autor Beitrag
 Verfasst am: 12.11.2011 20:08:46 Titel: Seitliche Abstandsfläche
Ein B-plan sah die Errichtung von sogenannten Punkthäusern mit mehreren Wohneinheiten vor. Auf Wunsch der Eigentümerin, einer Baugenossenschaft, sollte auf die Punkthäuser verzichtet und stattdessen Reihenhäuser vorgesehen werden. Die dazu erforderliche B-Planänderung wurde im vereinfachten Verfahren durchgeführt.
Der geänderte B-Plan setzte ebenfalls fest, dass für ein Reihenhaus der seitliche Grenzabstand von 3,0 m auf 1,9 m reduziert wird. Den betroffenen Grundstücksnachbarn wurde das erst während der Bauarbeiten klar und bewusst und sie wandten sich an die örtliche Baubehörde und baten um Aufklärung Sie sind der Meinung, sie hätten dazu ganz konkret gehört werden müssen. Die örtliche Baubehörde teilte der Eigentümergemeinschaft mit, sie hätten während der öffentlichen Auslegung ihre Belange nicht vertreten und damit sei alles rechtens. Im übrigen sei der Grenzabstand des Gebäudes der Eigentümergemeinschaft so ausreichend bemessen, dass die fehlende Abstandsfläche auf dem Baugrundstück ohne Problem dem Nachbargrundstück zugerechnet werden könne, ohne diese zu belasten.
Ist das tatsächlich so, dass auf diese Weise Nachbarrechte in Nichts aufgelöst werden können?
Die Eigentümergemeinschaft fühlt sich \\\\\\\\\\\\\\\"ausgetrickst\\\\\\\\\\\\\\\".
Navigation: nach obenNach oben
Navigation: nach obenNach unten
 Verfasst am: 13.11.2011 18:39:32 Titel: Re: Seitliche Abstandsfläche
Sehr geehrter Herr Wehrend,

da das vereinfachte Verfahren durchgeführt worden ist, muss die Stadt bzw. Gemeinde davon ausgegangen sein, dass die Planänderung die Grundzüge ihrer (ursprünglichen) Planung nicht berührt hat (vgl. § 13 Abs. 1 BauGB unter -> http://dejure.org/gesetze/BauGB/13.html ).

Wenn im Rahmen des Planänderungsverfahrens die betroffene Öffentlichkeit nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB beteiligt worden ist, musste die Stadt bzw. Gemeinde nach Satz 2 der Bestimmung darauf hinweisen, dass
a) Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abgegeben werden können,
b) nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt bleiben können, und
c) ein Antrag nach § 47 VwGO (siehe -> http://dejure.org/gesetze/VwGO/47.html ) unzulässig ist, soweit mit ihm Einwendungen geltend gemacht werden, die vom Antragsteller im Rahmen der Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht wurden, aber hätten geltend gemacht werden können.

Ob und ggf. welche Abstandflächen (u.a. Grenzabstand) einzuhalten sind, bestimmt sich in erster Linie nach planungsrechtlichen Vorschriften (vgl. für Schleswig-Holstein § 6 Abs. 1 Satz 4 LBO; zur Bauweise § 22 BauNVO unter -> http://dejure.org/gesetze/BauNVO/22.html ).

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf den mit der BauGB-Novelle 2007 eingeführten § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB, wonach aus städtebaulichen Gründen im Bebauungsplan „vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen“ festgesetzt werden können (siehe -> http://dejure.org/gesetze/BauGB/9.html ).

Wenn die Vorgaben beachtet worden sind, gibt es aus meiner Sicht wahrscheinlich keinen Ansatzpunkt für ein unrechtmäßiges Handeln der Gemeinde bzw. Stadt.


Mit freundlichem Gruß

Jens Bebensee
Navigation: nach obenNach oben
Navigation: nach obenNach unten
 Verfasst am: 14.11.2011 15:02:41 Titel: Re: Seitliche Abstandsfläche
Sehr geehrter Herr Bebensee,
haben Sie recht vielen Dank für diese schnelle und kompetente Antwort. Gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen.

Das Grundstück der Eigentümergemeinschaft liegt außerhalb des Geltungsbereichs der vorgenannten B-Planänderung. Es ist bebaut mit einem mehrgeschossigen Wohnhaus (Eigentumswohnungen).
Einer der Wohnungseigentümer hatte mit der Baugenossenschaft, die zu der Zeit auch Verwalterin für die Eigentumswohnungen war, sowie zum örtlichen Bauamt Kontakt gehalten und hatte in der Auslegungsphase auch Anregungen erhoben, die teilweise auch berücksichtigt wurden. Zu der Zeit erhielt der benachbarte Eigentümer von der Baugenossenschaft einen Auszug aus dem B-Plan, in welchem der erforderliche Grenzabstand noch eingehalten wurde. Beruhigt begab sich der Eigentümer auf einen ca. 8-wöchigen Ostsee-Segeltörn. Als er zurück war, fand er ein Schreiben der örtl. Baubehörde vor, mit welchem die erneute (und inzwischen auch abgeschlossene) Auslegung angekündigt wurde.
Die diesem Schreiben beigefügten Unterlagen konnte der Eigentümer, der auch Verwaltungsbeirat der Eigentümergemeinschaft ist, nicht entnehmen (da planungstechnischer und -rechtlicher Laie), dass die B-Planänderung die teilweise Anrechnung der Abstandsfläche auf ihr Grundstück vorsieht. Das ist der Eigentümergemeinschaft erst während der Bauausführung klar geworden.
Ich persönlich, Herr Bebensee, bin mit einem der Eigentümer verwandt und um Beratung gebeten worden, da ich (inzwischen im Ruhestand) fast mein ganzes Berufsleben in Baugenehmigungsbehörden (Stadt Bad Oldesloe, Kreis Stormarn, Kreis Ostholstein) vornehmlich mit Baurechtsangelegenheiten beschäftigt war. Seitdem hat sich allerdings einiges geändert. Nur dass das Rechtsprinzip \\\\\\\"Schutz des Eigentums\\\\\\\" durch das geänderte Bau- und Verwaltungsrecht derart geschwächt worden ist, kann ich mir nicht vorstellen.
Die bauliche Nutzung eines Grundstücks dauerhaft einzuschränken stellt doch einen erheblichen (enteignungsgleichen) Eingriff in das Eigentum dar und war doch nur sehr erschwert und nur bei aktiver Verfahrensbeteilung der Betroffenen möglich.
Kann entweder die Zustimmung des benachbarten Eigentümers zur Belastung seines Grundstücks oder ein entsprechender Gerichtsentscheid durch B-Planaufstellungsverfahren ersetzt werden?
Ein B-Plan verliert irgendwann seine Geltung. Was ist dann mit der Anrechnung der Abstandsfläche auf das Nachbargrundstück?

Ich bin mir gar nicht sicher, ob nicht doch noch ein Abwehranspruch besteht.

Übrigens: Beim Nachforschen im Internet bin ich auf dieses Forum gestoßen und möchte Ihnen und den (ehemaligen) Kollegen meine Anerkennung aussprechen. Eine ganz tolle Sache !

Herzlichst

Rolf Wehrend
Navigation: nach obenNach oben
Navigation: nach obenNach unten
 Verfasst am: 15.11.2011 19:48:01 Titel: Re: Seitliche Abstandsfläche
Sehr geehrter Herr Wehrend,

auch nach Würdigung Ihrer Anmerkungen sehe ich kaum Chancen, den B-Plan „aus den Angeln zu heben“. Da müsste sich ein/e Juristin intensiv mit beschäftigen.

Die neu eingeführte Vorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO (siehe -> http://dejure.org/gesetze/VwGO/47.html ) ist aber in der Tat eine prozessuale Ergänzung zum entsprechend erweiterten § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB (-> http://dejure.org/gesetze/BauGB/3.html ) und führt bei Vorliegen der Voraussetzungen zur formellen Präklusion. Hierzu möchte ich verweisen auf die Ausführungen der Bundesregierung zum Entwurf des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (BT-Drucks. 16/2496 vom 04.09.2006) unter -> http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/024/1602496.pdf
(siehe Abschnitt B; Begründung Teil A Abschnitt III; Teil B zu Artikel 1 zu Nummer 3).

Zum Abschluss noch einen herzlichen Dank für Ihre netten Worte…


Mit freundlichem Gruß

Jens Bebensee
Navigation: nach obenNach oben
Navigation: nach obenNach unten
 Verfasst am: 15.11.2011 21:02:43 Titel: Re: Seitliche Abstandsfläche
Moin, Herr Bebensee,
vielen Dank für die schnelle und kompetente Stellungnahme. Als ehemaliger Kreis- und Gemeindeprüfer weiss ich es zu schätzen, wenn Behördenmitarbeiter ihren Beruf verstanden haben. Bevor ich Prüfer wurde, war ich Jahrzehnte in Baubehörden (Kreis Plön, Kreis Eutin, Stadt Bad Oldesloe, Kreis Stormarn, Kreis Ostholstein) In den Bereichen Planung, Bauaufsicht, Wohnungsbauförderung, Gutachterausschuss, Bauverwaltunmg, Liegenschaften tätig. In zahlreichen Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren habe ich Fälle von Verwaltungsunrecht durch falsch verstandene Rechtsvorschriften kennengelernt.
Gerade wegen dieser Erfahrungen kann ich diese Angelegenheit noch nicht abschliessen.
Die Ausnahmen zu den Abstandsflächen sind mir mit Blick auf den als Folge markanten Eingriff in das Eigentum Dritter einfach zu formularmäßig. "im öffentlichen Interesse" begründet worden. Die Ausnahme im inzwischen rechtskräftigen B-Plan wird in einem Schreiben der örtl. Planungsbhörde gegenüber der Eigentümergemeinschaft damit begründet, dass der fehlende Bauwich auf dem Baugrundstück dem Nachbargrundstück (der Eigentümergemeinschaft) zuzurechnen ist, da dort hinreichend unbebauter Grenzabstand vorhanden sei. Dem ganzen haftet ein mir sehr bekannter Geruch von Gefälligkeitsplanung an. Bei Betrachtung der Kommunikation während der Planungsverfahren (Entwurf 1. Änderung, es fand ein guter Informationsaustausch mit Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen statt. Das führte zu einer Änderung der Änderung. ) fällt auf, dass offensichtlich die erklärende Auskunftsbereitschaft später nachgelassen hat. Seltsamerweise hat sich in die "Änderung der Änderung" die nachbarrechtlich relevante Abstandsflächenregelung eingeschlichen, wobei heute anscheinend keiner weiss, auf wessen Veranlassung das geschah.
Die der Eigentümergemeinschaft während des Planverfahrens zugesandten Planunterlagen (textlicher Teil, Auflistung der Änderungen für eine erneute Auslegung) befriedigten die Nachbarn, haben ihre Anregungen doch Berücksichtigung gefunden. Dass nun eine Bauwichsunterschreitung zu ihrem Grundstück hinzu gekommen ist, wurde nicht besonders erwähnt, nie erörtert und nach den überlassenen Unterlagen wohl auch nur für einen Planungsfachmann erkennbar, zumal die Meter-Angaben zu den Abständen und Nord-/Ostrichtungen irreführend waren. Die Eigentümergemeinschaft verstand sich von der vorgesehenen Ausnahme zu den Abstandsflächen nicht betroffen.
Ich bin in dieser Angelegenheit um Rat gebeten worden. Mein Bruder ist als Miteigentümer und Verwaltungsbeirat der Eigentümergemeinschaft betroffen.
Die Situation ruft nach einer Antwort auf die Frage, ob es den Grundsätzen unserer Rechtsordnung entspricht, wenn auf diese Weise eines der höchsten Rechtsgüter in unserem Land so einfach ohne konkrete aktive Mitwirkung der Betroffenen quasi durch enteignungsgleichen Eingriff zu beeinträchtigen ist.
Sehr geehrter Herr Bebensee, ich glaube in der Diktion ihrer Stellungnahme vom 13.11.2011 zu erkennen, dass auch Sie sich der Problematik des Falles bewusst sind. Wie auch immer die Geschichte weiter geht: ich werde an dieser Stelle darüber berichten.

Jetzt noch etwas Persönliches. Ich war anfang der 70er als stellv. Leiter der Bauverwaltung bei Ihnen tätig. Falls es noch Kollegen aus dieser Zeit, an die ich sehr gerne zurück denke, im Dienst gibt, richten Sie bitte ganz herzliche Grüße aus.

Herzlichst

Rolf Wehrend
Navigation: nach obenNach oben
Navigation: nach obenNach unten
 Verfasst am: 15.11.2011 21:13:06 Titel: Re: Seitliche Abstandsfläche
Sehr geehrter Herr Bebensee,
meine Ausführungen vom heutigen Tag haben sich mit dem Beitrag vom 15.11.2011 gekreuzt. ich war nicht sicher, dass meine Anmerkungen angekommen waren.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Wehrend
Navigation: nach obenNach oben
Navigation: nach obenNach unten

Sortierung der Artikel: Aufsteigend Absteigend nach Datum

Über neue Beiträge informieren
  Tragen Sie hier Ihre E-Mail-Adresse ein, um über neue Beiträge zu diesem Thema informiert zu werden:
E-Mail-Adresse: