Sehr geehrte/r Frau/Herr Kaluza,
unser öffentliches Baurecht ist zweigeteilt: Zum einen in das Bauordnungsrecht, das sich mit Genehmigungsfragen und der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit (u. a. Schutz von Leben und Gesundheit) befasst, zum anderen in das Bauplanungsrecht (Städtebaurecht), das bestimmt, was wo gebaut werden darf.
1.) Bauordnungsrecht („Landesbauordnung“ - LBO)
Zelte fallen normalerweise unter den Begriff der sog. „Fliegenden Bauten“. Fliegende Bauten sind nach der Definition im § 76 Abs. 1 Satz 1 LBO
„…bauliche Anlagen, die geeignet und b e s t i m m t sind, an verschiedenen Orten wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden…“
Da das normalerweise auch für Baustelleneinrichtungen und Baugerüste zutrifft, bestimmt Satz 2 der Regelung ausdrücklich, dass diese keine Fliegenden Bauten sind.
Bevor Fliegende Bauten erstmals aufgestellt und in Gebrauch genommen werden, benötigen sie grundsätzlich eine sog. Ausführungsgenehmigung, die von der zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde für höchstens fünf Jahre erteilt und in ein Prüfbuch eingetragen wird (§ 76 Abse. 2 Satz 1, 3 Satz 1 und 5 LBO).
Fliegende Bauten, für die nach § 76 Abs. 2 Satz 1 LBO eine Ausführungsgenehmigung erforderlich ist, dürfen grundsätzlich nur in Gebrauch werden, wenn ihre Aufstellung der Bauaufsichtsbehörde des Aufstellungsortes unter Vorlage des Prüfbuches angezeigt ist (§ 76 Abs. 7 Satz 1 LBO).
Keine Ausführungsgenehmigung ist für die im § 76 Abs. 2 Satz 2 LBO genannten Anlagen erforderlich; dazu gehören auch Zelte, d i e F l i e g e n d e B a u t e n s i n d , mit einer Grundfläche bis zu 75 m² (siehe dort unter Nr. 4).
Ihr Zelt fällt zwar unter die 75-m²-Grenze. Fraglich ist aber offensichtlich, ob das Zelt ein Fliegender Bau ist, d. h. wirklich dazu b e s t i m m t ist, an v e r s c h i e d e n e n Orten wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden.
Ist das nicht der Fall, ist die Aufstellung genehmigungspflichtig.
Verwaltungsvorschriften über Ausführungsgenehmigungen für Fliegende Bauten und deren Gebrauchsabnahmen (FlBauVwV) finden Sie übrigens auf folgender Internetseite (da sind auch zwei Anlagen verlinkt):
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http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/19vt/page/bsshoprod.psml?doc.hl=1&doc.id=VVSH-VVSH000000355%3Ajuris-v00&documentnumber=1&numberofresults=2&showdoccase=1&doc.part=F¶mfromHL=true#focuspoint
2.) Bauplanungsrecht (BauGB)
Nach § 29 Abs. 1 BauGB gelten u. a. für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, die §§ 30 bis 37 BauGB.
Der Begriff der baulichen Anlage in diesem Sinne umfasst u. a. das Merkmal des Bauens. Als Bauen wird das Schaffen von Anlagen verstanden, die in einer a u f D a u e r gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden sind.
Unerheblich ist, aus welchem Material die Anlagen hergestellt sind, ob sie etwa Stück um Stück durch An- oder Aufeinanderfügen und Miteinanderverbinden von Stoffen hergestellt oder aus mehreren Bauteilen zusammengesetzt sind oder nur aus einem einzigen (etwa vorgefertigten) Stück bestehen. Ebenso ist unerheblich, ob und in welchem Maß es sich um eine feste Verbindung mit dem Erdboden handelt.
Für das Merkmal der Dauer kommt es allein auf die beabsichtigte Lebensdauer der Anlage und nicht auf die – angeblich oder tatsächlich beabsichtigte – Dauer der jeweiligen Benutzung an. Daher sind auch zum dauernden Wohnen nicht geeignete Gartenlauben auf Pachtland, die für die Zeit der Pachtdauer (und darüber hinaus) erstellt werden, bauliche Anlagen.
Das Merkmal der Dauer ist auch bei an sich beweglichen Anlagen (z. B. Wohn- oder Campingwagen) erfüllt, wenn die ihnen vom Verfügungsberechtigten zugewiesene Funktion erkennen lässt, dass sie durch die ständige oder regelmäßige Aufstellung auf einem für diesen Zweck bestimmten Grundstück an die Stelle eines anderen ortsfesten Bauwerks, wie beispielsweise eines Wochenendhauses treten sollen.
Wenn– wovon in Ihrem Falle wohl auszugehen sein dürfte - § 29 Abs. 1 BauGB greift, dann gelten auch beispielsweise die Außenbereichsbestimmungen des § 35 BauGB.
Übrigens gibt es vielfach Landschaftsschutzverordnungen, die ein Aufstellen von Zelten, Wohnwagen, usw. im Landschaftsschutzgebiet verbieten.
§ 29 Abs. 1 BauGB ist unabhängig von den Bestimmungen der LBO zu sehen, denn nach § 29 Abs. 2 BauGB bleiben die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt, d. h. sie sind zu beachten.
Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die nach Ihren Schilderungen hier ggf. berücksichtigt werden müssten, zählt auch § 24 des Landeswaldgesetzes Schleswig-Holstein, nachzulesen unter
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http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/1esx/page/bsshoprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=56&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-WaldGSH2004V1IVZ%3Ajuris-lr00&doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee