Hallo Anna,
vielen Dank für das Kompliment.
Wie so häufig stehe ich auch in diesem Fall vor dem Problem, aufgrund der umfangreichen Schilderungen Betroffener zwar so einigermaßen den Sachverhalt, aber nicht unbedingt die Rechtslage vollständig zu kennen. Insoweit haben Sie schon den richtigen Weg eingeschlagen, mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde Kontakt aufzunehmen.
Gleichwohl möchte ich Ihre Fragen nicht ganz unkommentiert lassen:
1.) Genehmigungschancen für Nutzungsänderung
Hier muss man praktisch das „baurechtliche Schicksal“ des Gebäudes von seiner Entstehung bzw. Innutzungnahme bis zum heutigen Tage nachverfolgen.
Das 40 m² große Gebäude ist nach Ihren Ausführungen im Jahre 1993 im Außenbereich errichtet und als „Verkaufseinrichtung mit Imbisscharakter“ (hoffentlich nicht befristet) genehmigt worden.
Wenn der Voreigentümer das Gebäude für einen merklichen Zeitpunkt tatsächlich auch zu solchen Zwecken genutzt hat, war es aufgrund der erteilten Genehmigung einmal bestandsgeschützt (zum Bestandsschutz siehe im Lexikon auf unserer Homepage unter ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=1&bid=13 ).
Hat der Voreigentümer die Anlage hingegen bereits unmittelbar nach Fertigstellung als Ferienhaus genutzt, kann vom Bestandsschutz nicht gesprochen werden, weil die Baugenehmigung für die „Verkaufseinrichtung mit Imbisscharakter“ nach Ablauf von drei Jahren außer Kraft getreten ist und weil es für die Nutzung als Ferienhaus weder eine Baugenehmigung gab noch gibt. Übrigens verleiht auch eine längerfristige Nutzung eines ungenehmigten Gebäudes als Ferienhaus dem Gebäude keinen Bestands(nutzungs)schutz.
Die tatsächliche Nutzungsänderung von einer im Außenbereich (nicht befristet) genehmigten und genutzten „Verkaufseinrichtung mit Imbisscharakter“ in ein Wochenend- bzw. Ferienhaus ist eine sog. Funktionsänderung und entzieht dem Gebäude den Bestandsschutz.
Da der Vorbesitzer das Gebäude bereits zu Ferienhauszwecken genutzt hat, werden Sie sich aus meiner Sicht nicht mehr auf die alte Genehmigung für die „Verkaufseinrichtung mit Imbisscharakter“ berufen können – mit anderen Worten: Sowohl für die eine (alte) als auch für die andere (geplante) Nutzung benötigen Sie jetzt eine Baugenehmigung.
Auf die erleichternden Regelungen des § 35 Abs. 4 BauGB wird man hier nicht zurückgreifen können, weil sie jeweils an einen zulässigerweise vorhandenen bzw. vorhanden gewesenen Baubestand anknüpfen.
Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB wird das Ferienhaus voraussichtlich öffentliche Belange beeinträchtigen.
Der „Strohhalm“, an den Sie sich möglicherweise klammern können, liegt u. U. in der Nachbarschaft der vier größeren dauerbewohnten Wohnhäuser, von denen Sie schreiben. Wenn die Wohnhäuser bestandsgeschützt sind und der Standort des Ferienhauses praktisch in einer kleineren „Baulücke“ (siehe unter ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=1&bid=68 ) zwischen diesen Häusern liegt, könnte man über eine städtebaulich nicht unerwünschte Verfestigung einer Splittersiedlung (anders gesagt: die ausnahmsweise Füllung einer Baulücke im Außenbereich) nachdenken (siehe auch ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=7&bid=75 ).
2.) Vorbescheids- oder Nutzungsänderungsantrag?
Ich empfehle einen Vorbescheidsantrag (siehe unter ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/lvw/leistungen/index.html?lid=312 ). Der Antrag ist kostengünstig, und die Gebühren werden - wenn ein positiver Bauvorbescheid erteilt worden ist - anteilig auf die Baugenehmigungsgebühren angerechnet.
3.) Neue Architektenpläne?
Das sollten Sie mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde klären. Für einen Vorbescheidsantrag benötigen Sie keine bauvorlageberechtigte Person, und für ein Ferienhaus benötigen Sie keinen in der Liste eingetragenen Architekten oder Ingenieur (siehe unter ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=1&bid=350 und ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=1&bid=349 ).
4.) Möglichkeiten bei Ablehnung?
Die Möglichkeiten bei einer Ablehnung sind der Widerspruch und danach evtl. die Klage.
Duldungen sind aus meiner Sicht nur dann sinnvoll, wenn sie am Ende ein baurechtliches Problem lösen. Bei ungenehmigten und auch nicht genehmigungsfähigen baulichen Anlagen im Außenbereich vereinbaren wir vereinzelt mit den verantwortlichen Grundstückseigentümern, eine Abbruchanordnung mit einer längeren als sonst üblichen Frist zu erlassen, wenn sie im Gegenzug auf Rechtsmittel verzichten. Wenn die Frist dann verstrichen und die bauliche Anlage nicht beseitigt ist, können wir den Abbruch mit Zwangsmitteln durchsetzen.
5.) Bauberatungsgespräch
Beides ist möglich.
Ich würde zunächst anrufen und nach den Sprechzeiten fragen. Bei der Gelegenheit sollten Sie auf die Entfernung zu Ihrem Wohnort hinweisen.
Wenn Sie dann wieder einmal „im Lande“ sein und auf Ihrem Grundstück „nach dem Rechten“ sehen sollten, können Sie ja mal bei der Bauaufsichtsbehörde vorbeischauen.
Kennen Sie nicht zufällig in der Nähe der Bauaufsichtsbehörde eine Person, die Sie mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen betrauen können? Vielleicht einen Anwalt oder einen Architekten?
6.) „Worst Case“?
Ja, ein Abbruch könnte Ihnen in der Tat drohen.
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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Zuletzt geändert am 28.09.2010 um 17:18:40 von Jens Bebensee.