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Thema: Nachgefragt

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Autor Beitrag
 Verfasst am: 03.08.2009 08:14:53 Titel: Nachgefragt
Der Bestandsschutz geht unter,

1. wenn Baumaßnahmen so stark in die Statik eines Baukörpers eingreifen, dass eine statische Nachrechnung erforderlich wird,
2. wenn die Kosten für die Instandsetzung eines Baukörpers denen eines Neubaus gleich kommen, und/oder
3. wenn die Nutzung der Anlage geändert wird und andere (d.h. nicht unbedingt weiter gehende) öffentlich-rechtliche Vorschriften als für die bisherige Nutzung gelten.

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Nachgefragt :
1. Was ist damit konkret gemeint ?
2. Wer berechnet das wann und wie ?
3. Was ist damit gemeint ?
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 Verfasst am: 03.08.2009 10:20:08 Titel: Re: Nachgefragt
Sehr geehrter Herr M.,

mit Ihren Fragen hat sich die Rechtsprechung und Literatur in unzähligen Entscheidungen und Abhandlungen beschäftigt, und im letzten Jahr hat beispielsweise jemand zum Thema „Reichweite und Grenzen des baurechtlichen Bestandsschutzes“ seine „Doktorarbeit“ geschrieben (abrufbar per Suchmaschine unter http://dnb.ddb.de).

Aus Zeitmangel kann ich Ihre Fragen in diesem Forum nur in aller Kürze beantworten:

1.) Wenn Sie beispielsweise bei einem Wohnhaus die Giebelaußenwände wegreißen und neu hochziehen, greifen Sie so stark in die Statik ein, dass eine statische Nachrechnung des gesamten Baukörpers erforderlich wird.

2.) Der Kostenfaktor soll vermeiden, dass aus Ruinen Neubauten entstehen. Für bestimmte, sogar schon aufgegebene, aber dennoch erhaltenswerte Gebäude ermöglicht § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB noch eine Änderung oder Nutzungsänderung, wie z. B. für Leuchttürme oder Mühlen.

3.) Eine Nutzungsänderung (Funktionsänderung) einer baulichen Anlage wirft die Baugenehmigungsfrage erneut auf. Praktisch müsste man sich bei der baurechtlichen Beurteilung einer Nutzungsänderung das vorhandene Gebäude wegdenken und die Frage klären, ob an gleicher Stelle ein Neubau genehmigt werden darf.

Im Dorfgebiet oder im Außenbereich „nur“ ein Wohngebäude zu genehmigen, reicht nicht aus. Man muss schon wissen, welchem Zweck das Wohngebäude dienen soll:

So sind Wohngebäude für einen landwirtschaftlichen Betrieb im Dorfgebiet nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO (siehe unter http://dejure.org/gesetze/BauNVO/5.html ) zulässig und im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (siehe unter http://dejure.org/gesetze/BauGB/35.html ) privilegiert zulässig.

„Sonstige“ Wohngebäude im Dorfgebiet fallen hingegen unter § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO, und im Außenbereich sind sie als sog. sonstige, nicht privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB regelmäßig unzulässig, weil sie öffentliche Belange beeinträchtigen.

Für im Außenbereich vorhandene oder vorhanden gewesene Bausubstanz hat der Bundesgesetzgeber mit der Regelung des § 35 Abs. 4 BauGB die Möglichkeit eröffnet, unter erleichterten Bedingungen Baumaßnahmen durchzuführen, indem er bestimmte öffentliche Belange für unbeachtlich erklärt (hat).

Die Nutzungsänderung eines ehemals landwirtschaftlich genutzen Wohngebäudes im Außenbereich in ein sonstiges, nicht mehr privilegiertes Wohngebäude fällt unter die Vergünstigung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Geklärt werden muss im Rahmen der baurechtlichen Prüfung aber beispielsweise, ob das später nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Wohngebäude schädlichen Umwelteinwirkungen (unzumutbaren Gerüchen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung) ausgesetzt sein wird (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB). Wäre das der Fall, müsste der Nutzungsänderungsantrag abgelehnt werden, um den landwirtschaftlichen Betrieb vor Einschränkungen seiner Tierhaltung bzw. die künftigen Bewohner des Wohngebäudes vor unzumutbaren Geruchsbelästigungen zu schützen.

Mit freundlichem Gruß
aus der Kreisstadt


Jens Bebensee



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Zuletzt geändert am 03.08.2009 um 10:22:11 von Jens Bebensee.
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 Verfasst am: 03.08.2009 20:33:38 Titel: Re: Nachgefragt
Hallo.
Ich fasse mich - gern - kurz.
.
1.) Wenn Sie beispielsweise bei einem Wohnhaus die Giebelaußenwände wegreißen und neu hochziehen, greifen Sie so stark in die Statik ein, dass eine statische Nachrechnung des gesamten Baukörpers erforderlich wird.


Verstanden, logisch, begreifbar. So weit.
Liegt so ein statischer Eingriff auch schon vor, wenn es um einzelne Balken geht ??????


2.) Der Kostenfaktor soll vermeiden, dass aus Ruinen Neubauten entstehen. Für bestimmte, sogar schon aufgegebene, aber dennoch erhaltenswerte Gebäude ermöglicht § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB noch eine Änderung oder Nutzungsänderung, wie z. B. für Leuchttürme oder Mühlen.

O. K.


3.) Eine Nutzungsänderung (Funktionsänderung) einer baulichen Anlage wirft die Baugenehmigungsfrage erneut auf. Praktisch müsste man sich bei der baurechtlichen Beurteilung einer Nutzungsänderung das vorhandene Gebäude wegdenken und die Frage klären, ob an gleicher Stelle ein Neubau genehmigt werden darf.

Stellen wir uns das alte landwirtschaftliche Gebäude vor. Erbaut 1600so-und-so.
Ausstattung "Donnerbalken".
Nun in 2009 machen die Eigentümer viele Kinderchen und möchten ein echtes Bad und Gästetoilette.
Kann / darf / muß dieser Anbau genehmigt werden ????????? (Wenn sonst nix dagegen spricht.)
Aussenbereich ?
Innenbereich ?


Mit kurzen aber ganz netten Grüßen.
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 Verfasst am: 04.08.2009 11:46:55 Titel: Re: Nachgefragt
Hallo Herr M.,

1.) Ein Austausch einzelner Balken ist noch vom Bestandsschutz gedeckt.

2.) Keine Stellungnahme erforderlich.

3.) Ein solch altes Gebäude wird im Außenbereich voraussichtlich unter die erleichternden Regelungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB fallen und möglicherweise sogar unter Denkmalschutz stehen. Geringfügige Erweiterungen wären sicherlich möglich.

Im Innenbereich käme es auf die Festsetzungen eines ggf. bestehenden Bebauungsplans bzw. die Eigenart der näheren Umgebung an, ob die Nutzungsänderung und Erweiterung genehmigungsfähig ist.

Mit freundlichem Gruß

Jens Bebensee
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