Beim Stadtmarketing , bei dem ÖPP- (PPP-) und BID - Projekte zur Zeit im Mittelpunkt stehen, werden die Folgen der Privatisierung zu wenig beachtet. Privatisierung ist immer ein Schritt weg von der Demokratie, weil private Interessengruppen m.E. nicht die Interessen der Allgemeinheit vertreten. Insbesondere bestimmt hier schließlich die betriebswirtschaftliche Rechnung die Richtung. Dies betrifft alle PPP- und ebenso BID-Projekte. In Schleswig-Holstein liegt z.Zt. ein Entwurf zu einem BID-Gesetz vor, genannt "PACT". PACT ist eine eingedeutschte Variante von BID. Die Abkürzung steht für "Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen", mit denen per Gesetz Zwangsmitgliedschaften und Zwangszahlungen von "abgabepflichtigen" Bürgern eines Quartiers eingefordert werden. Die Staatshaushalte sollen kurzfristig auf diese Weise entlastet werden, wobei politischen Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinde zugunsten der Privaten aufgegeben werden. Dieses Gesetz hat zur Folge, dass die Bürger nicht nur, wie bisher, ihre Steuern zu zahlen haben, sondern auch Projekte vor ihrer Tür, die sie gar nicht haben wollen: Denn per Gesetz reichen 25 % der Stimmen aus dem betroffenen Quartier, um die Zwangsmaßnahmen umzusetzen. Eine Abstimmung über ein Konzept ist im Gesetzentwurf nicht vorgesehen, lediglich ein Widerspruchsrecht. Die Betroffenen sollen über die geplanten Maßnahmen vor Satzungsbeschluss "in geeigneter Weise" unterrichtet werden, z.B. in Form einer Versammlung oder durch Auslegung. Also, liebe Mitbürger: In Zukunft werden Sie höllisch aufpassen müssen - oder nur noch blechen, wenn Sie von der Maßnahme keine Kenntnis haben!
Insgesamt ist festzustellen, dass durch das Gesetz Quartiere mit negativer Entwicklung betroffen sind, d.h. solche durch politische Fehlentscheidungen entstandenen (z.B. durch Bauflächen für Einkaufzentren auf der grünen Wiese, durch Leerstände in den Zentren, durch die Leitung des Autobahnverkehrs durch die Innenstadt, Armut in der Öffentlichkeit u.s.w.) und deren Korrektur durch die zwangsweise Privatisierung mit Kostenübernahme durch die Bürger per PACT-Gesetz vorgesehen sind.
Herangezogen zu den erforderlichen Maßnahmen werden "die Eigentümer ... und Erbbauberechtigten der im festgelegten Bereich gelegenen Grundstücke sowie die dort gewerblich oder freiberuflich tätigen Personen". Sie werden unter Vormundschaft von AufgabenträgerInnen gestellt, die die durch die Gemeinde eingetriebenen Zwangsbeiträge treuhänderisch verwalten. Deutlich widersprüchlich ist der Gesetzesvorschlag zur Kostenbeteiligung der Mieter: "... wird ausgeschlossen, dass ... Wohnungseigentümer bzw. ... Wohnungsmieter zu der Aufgabe herangezogen werden, da ansonsten Personengruppen für die Abgabe aufkommen, die keinen ökonomischen Nutzen aus den Maßnahmen eines PACT-Bereiches ziehen", während die "öffentliche Hand" eine Kostenbeteiligung verweigert, da sie die Wertsteigerung ihrer Grundstücke beispielsweise in Form von Mieterhöhungen nicht umsetzen kann (PACT-Gesetzentwurf im Absatz 3)! Selbstverständlich ist wohl eher, dass die Grundstücks- und Wohnungseigentümer die erhöhten Kosten durch die PACT-Maßnahmen an ihre Mieter weitergeben. Wohnungseigentümer und Mieter sind durch das Gesetz aber in jedem Fall nicht widerspruchsberechtigt: sie haben die Entscheidung von mindestens 25% der Grundeigentümer, Gewerbetreibenden und Freiberufler hinzunehmen, ob sie wollen oder nicht und das zu ertragen, was man ihnen vor die Tür setzt! Der größte Teil der betroffenen Bürger wird somit nicht beteiligt und ausgegrenzt. BID und PACT sind von ihrem Ansatz her also zutiefst undemokratisch.
Wie es in den Zentren der Städte nach den "Säuberungen" weitergeht, hat Anette Baldauf in der "WOZ" (Die Wochenzeitung / Zürich) am Beispiel des "Times Square in New York als Modellfall für die Privatisierung des urbanen Raums" beschrieben:
http://www.woz.ch/artikel/inhalt/2004/nr22/Kultur/5313.html
"Zwei Jahre später, nachdem der Disney-Konzern Interesse an einer Niederlassung an der berühmtesten Strassenkreuzung der Welt signalisiert hatte, verabschiedete die Stadt unterwürfig einen Flächenwidmungsplan." ... "Seit der umfassenden Sanierung kommt kaum noch ein Medienkonzern ohne repräsentative Niederlassung am Times Square aus. Wie kaum an einem anderen Ort inszenieren hier Konzerne ihre Marken als Unterhaltungsspektakel." Keine Rede also von Einzelhandel, Gewerbetreibenden und Freiberuflern, Mietern und Wohnungseigentümern. Die Verdrängung durch Konzerne ist nach den "Säuberungen" der Zentren offenbar vorprogrammiert. Groß frißt klein: Geld regiert die Welt. BID und PACT sind auf die kleinen Leute zentrifugal wirkende Kräfte und diese ausgegrenzten Bürger erhalten damit in unserer Gesellschaft den ihnen von den politischen und wirtschaftlichen Macheliten zugedachten "gebührenden" peripheren Platz. BID und PACT passen somit in die neoliberale Landschaft.
Gruß, F. Spors