Hallo Jörg,
bevor ich auf Ihre Fragen zum Samen- und Pollenbefall sowie zur Mauer eingehe, eine kleine Vorbemerkung:
Zu unserem Aufgabenspektrum als untere Bauaufsichtsbehörde gehört u.a. nur, bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung und der Instandhaltung baulicher Anlagen nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden; wir haben außerdem die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. § 66 Abs. 1 der Landesbauordnung - LBO -, abgedruckt im Internet unter
http://193.101.67.34/landesrecht/2130-9.htm ).
Daraus folgt, dass wir uns im Rahmen unserer Tätigkeit weder mit Pflanzen und ihren Erzeugnissen noch mit privatrechtlichen Vorschriften auseinandersetzen dürfen. § 78 Abs. 4 LBO regelt ausdrücklich, dass eine Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt wird.
Dies vorausgeschickt, kann ich zu dem Samen- und Pollenbefall nur ganz allgemein Stellung nehmen.
Die privatrechtlichen Rechtsbeziehungen der Nachbarn untereinander regelt das Nachbarrechtsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (NachbG Schl.-H.), das Sie im Internet unter
http://193.101.67.34/landesrecht/403-6.htm
nachlesen können.
Das Gesetz beschäftigt sich im Abschnitt XII (§§ 37 bis 41) zwar mit Grenzabständen für Anpflanzungen; allerdings handelt es sich dabei speziell um Bäume, Sträucher und Hecken - also Pflanzen, die Schatten werfen (können).
Nach der mir vorliegenden Literatur ist der Eigentümer oder Besitzer eines Grundstücks, von dem Samen von wild wachsenden Pflanzen auf ein anderes Grundstück fliegen, nach herrschender Ansicht nicht Störer, weil die Beeinträchtigung durch den Samenbefall allein auf dem Wirken von Naturkräften beruht. Ein Abwehranspruch besteht daher grundsätzlich nicht, kann sich aber bei besonders schweren Beeinträchtigungen aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergeben (Bassenege/Olivet, Nachbarrecht in Schleswig-Holstein, 11. Auflage, 2003, Vor §§ 37-41 NachbG, Randnummer 17).
Ist der Eigentümer oder Besitzer Störer, weil er die Samen abgebende Pflanze gesetzt hat oder sonst hält, so ist der Samenflug eine „ähnliche Einwirkung“ i.S. von § 906 Abs. 1 BGB
vgl.
http://dejure.org/gesetze/BGB/906.html
und daher zu dulden, wenn die Benutzung des befallenen Grundstücks nicht mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Auch hier dringt die Auffassung vor, dass wegen eines sensibleren Umweltbewusstseins ein unkrautfreier Garten heute kein allgemein anerkanntes Ziel mehr ist, sondern dass das vielfach bereits als Wildkraut bezeichnete Unkraut ein Teil der natürlichen Umwelt ist, mit der wir leben müssen, wenn wir nicht chemische Gifte in solchen Mengen einsetzen wollen, so dass eine Beeinträchtigung als unwesentlich empfunden wird (vgl. am angegebenen Ort unter Randnummer 18).
Sie sollten deshalb zunächst versuchen, dem Nachbarn Ihr Problem zu schildern und zu versuchen, eine für beide tragbare Lösung zu finden.
Gelingt dies nicht, käme u.U. ein privatrechtliches Schlichtungsverfahren in Betracht, vgl. dazu
http://193.101.67.34/landesrecht/b310-3.htm
Die Mauer auf der Grenze wirft aus baurechtlicher Sicht größere Probleme auf.
Ihrer Mail entnehme ich, dass Ihr Gelände wahrscheinlich ursprünglich zum Nachbargrundstück abfiel. Sie haben dann vermutlich die Mauer errichtet, um die Aufschüttung Ihres Geländes für die „Zufahrt“ abzufangen.
Wenn Sie die festgelegte Geländeoberfläche auf diese Weise verändert haben, müssten Sie eigentlich im Besitz einer entsprechenden Baugenehmigung sein,
vgl.
http://193.101.67.34/landesrecht/b310-3.htm
unter „Die festgelegte Geländeoberfläche im Bauordnungsrecht“ (Link anklicken).
Für die Mauer ist aus öffentlich-rechtlicher Sicht § 17 Abs. 1 LBO von Bedeutung.
Danach muss jede bauliche Anlage im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen für sich allein standsicher sein. Die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks dürfen nicht gefährdet werden.
Die Standsicherheit wird im Regelfall durch Fachleute (Statiker) geklärt.
Die Behandlung wild abfließenden Wassers ist in den §§ 60 und 61 des Landeswassergesetzes geregelt,
vgl.
http://193.101.67.34/landesrecht/753-2.htm .
In privatrechtlicher Hinsicht ist § 25 NachbG von Bedeutung.
Danach muss der Eigentümer, der den Boden seines Grundstücks über die Oberfläche des Nachbargrundstücks erhöht, einen solchen Grenzabstand einhalten oder solche Vorkehrungen treffen und unterhalten, dass eine Schädigung des Nachbargrundstücks durch Bodenbewegungen ausgeschlossen ist. Die Verpflichtung geht auf den Rechtsnachfolger über.
Mit freundlichem Gruß
aus der Kreisstadt
Jens Bebensee
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Zuletzt geändert am 24.03.2005 um 16:59:40 von Jens Bebensee.