Hallo Mona,
leider ist es im konkreten Einzelfall häufig problematisch zu entscheiden, ob eine zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) dem Innenbereich zuzuordnen - und damit aus städtebaulicher Sicht im Re-gelfall bebaubar - ist oder (schon) dem Außenbereich angehört, der grundsätzlich von solcher Bebauung freigehalten werden soll, die nicht seinem Wesen oder seiner Funktion dient (wie beispielsweise eine normale Wohnbebauung).
Ihrer Anfrage entnehme ich, dass das zur Bebauung vorgesehene Grundstück nicht im Bereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 des Baugesetzbuchs (BauGB) liegt.
Von einer Innenbereichslage nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist in Ihrem Fall nur dann auszugehen, wenn die Fläche einem „Bebauungszusammenhang“ angehört, der einen „Ortsteil“ bildet.
Nun gibt es in Gesetzen auf der einen Seite viele Begriffe, die eindeutig und klar (z. B. Orts- und Zeitangaben) oder die in den Gesetzen selbst definiert sind (vgl. im BauGB z. B. die Begriffserläuterungen in den §§ 1 Abs. 4, 19 Abs. 1, 30 Abs. 3, 177 Abs. 2 und 3, 194 und 201), auf der anderen Seite aber auch Begriffe, denen diese notwendige Klarheit fehlt (z. B. öffentliches Interesse, Wohl der Allgemeinheit) und die man deshalb „unbestimmte Rechtsbegriffe“ nennt.
Ein unbestimmter Rechtsbegriff bezeichnet im öffentlichen Recht also ein Merkmal innerhalb einer gesetzlichen Bestimmung, das aus sprachlicher Sicht für sich betrachtet keinen eindeutigen Inhalt zu haben scheint, das gewissermaßen „unscharf" ist. Erst durch Auslegung gewinnt der unbestimmte Rechtsbegriff an Schärfe. Die Auslegung schließt dabei stets eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls ein, in dem der Begriff konkret angewandt werden soll. Ungeachtet seiner inhaltlichen Un-schärfe gibt es für jeden unbestimmten Rechtsbegriff in jedem konkreten Einzelfall grundsätzlich immer nur genau eine richtige Auslegung. Diese eine richtige Auslegung muss die Verwaltungsbehörde bei der Rechtsanwendung finden und wird ein Verwaltungsgericht gegebenenfalls im Rechtsstreit überprüfen. Die Befugnis, abschließend darüber zu entscheiden, welche Auslegung die richtige ist, liegt daher - wie auch in den meisten anderen Fällen der Rechtsanwendung - bei den Gerichten.
Auch § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthält mit den Worten „im Zusammenhang bebaut“, „Ortsteil“, „Eigenart der näheren Umgebung“ und „Sich-Einfügen“ (in die Eigenart der näheren Umgebung) solche unbestimmten Rechtsbegriffe.
In unserem Baulexikon, das im Internet unter
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.php
veröffentlicht ist, haben wir diese Begriffe erläutert und außerdem etwas zur „Abgrenzung Innenbereich und Außenbereich“ geschrieben.
Unter dem Stichwort „Gemeindliches Einvernehmen“ sind wir auf die Rechte und Pflichten der Ge-meinde in Bauvorbescheids- und Baugenehmigungsverfahren eingegangen.
Schauen Sie dort doch bitte einmal hinein - vielleicht helfen Ihnen die Ausführungen weiter ...
Wenn Ihrem Vorhaben keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z. B. die Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung) entgegen stehen, sind in Ihrem Falle nach meiner Einschätzung jetzt zwei Wege denkbar:
a)
Ist die untere Bauaufsichtsbehörde sich völlig sicher, dass das zur Bebauung vorgesehene Grundstück im unbeplanten Innenbereich liegt, kann sie (auf Ihren Antrag) auf der Grundlage des § 36 Abs. 3 Satz 3 BauGB das fehlende Einvernehmen durch die Kommunalaufsichtsbehörde ersetzen lassen.
b)
Ist die untere Bauaufsichtsbehörde sich bei ihrer bauplanungsrechtlichen Einstufung des Grundstücks hingegen nicht völlig sicher, wird sie den Antrag voraussichtlich ausschließlich wegen des fehlenden gemeindlichen Einvernehmens ablehnen (oder bereits abgelehnt haben). Ihnen bleibt dann nur die Möglichkeit, rechtzeitig Widerspruch gegen die Ablehnung einzulegen und ggf. zu klagen.
Möglicherweise wird im Widerspruchsverfahren versucht, das Problem zu lösen.
Gelingt dies nicht, wird sich nach rechtzeitiger Einlegung einer Klage ein verwaltungsgerichtliches Verfahren anschließen, zu dem die Gemeinde beigeladen wird. Das Verwaltungsgericht - d.h. ein/e Richter/in als Berichterstatter/in der Kammer oder als Einzelrichter/in - wird dann im Regelfall eine Ortsbesichtigung durchführen, um sich selbst eine Meinung zur Lage des Grundstücke zu bilden. Danach wird das Gericht sich entweder der Auffassung der Bauaufsicht anschließen und sie verpflichten, Ihnen einen positiven Vorbescheid zu erteilen, oder der Auffassung der Gemeinde folgen und die Ablehnung bestätigen.
Mit freundlichem Gruß
aus der Kreisstadt
Jens Bebensee