Hallo Jan,
manchmal ist ein landläufig als „Reihenhaus“ bezeichneter Baukörper keine „Hausgruppe“ im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO (siehe unter ->
http://dejure.org/gesetze/BauNVO/22.html ), sondern lediglich ein Einzelhaus, bestehend aus mehreren Gebäuden (Reihenend- und Reihenmittelhäusern). Einzelheiten dazu finden Sie in unserem Baulexikon unter ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=3&bid=191 .
Diese Unterscheidung ist von Bedeutung für den öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz:
Bei einem Einzelhaus, bestehend aus mehreren Gebäuden, gehört das Grundstück jedem der Miteigentümerinnen und Miteigentümer zu einem bestimmten Anteil; es wurde meist eine ideelle Teilung durchgeführt und Wohnungseigentum gebildet. In diesen Fällen gibt es untereinander also keine realen Grenzen, die zu beachten wären, und die einzelnen Miteigentümerinnen und Miteigentümer sind auch keine Nachbarinnen und Nachbarn im Sinne des öffentlichen Baurechts (Einzelheiten siehe unter ->
http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.html?bereich=5&bid=110 ).
Bei einer Hausgruppe hingegen verlaufen zwischen den Gebäuden Grundstücksgrenzen, und nur die Reihenendhäuser müssen zu den seitlichen Grundstücksgrenzen Abstandflächen einhalten. So ist auch § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO zu lesen, nach dem „…In der offenen Bauweise … die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als … Hausgruppen errichtet…“ werden.
Die BauNVO ist eine bundesrechtliche Regelung, die einer landesrechtlichen vorgeht (vgl. Artikel 31 des Grundgesetzes unter ->
http://dejure.org/gesetze/GG/31.html ). Das berücksichtigt auch die landesrechtliche Regelung des § 6 LBO über Abstandflächen und Abstände, denn nach § 6 Abs. 1 Satz 4 LBO ist „…Eine Abstandfläche … nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf…“ (siehe ->
http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/?quelle=jlink&query=BauO+SH+%C2%A7+6&psml=bsshoprod.psml&max=true )
Ich gehe nun also davon aus, dass Ihr Gebäude Bestandteil einer solchen Hausgruppe ist.
Das Haus selbst „musste“ in einem solchen Fall sogar auf die Grenze gebaut werden und hat auch mit der im § 6 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 LBO enthaltenen maximalen Gesamtlänge von 9 m für eine Grenzbebauung nichts zu tun!
Ich weiß jetzt natürlich nicht, ob es für die Grundstücke, auf denen die Häuser stehen, einen Bebauungsplan gibt oder nicht. Ein solcher Bebauungsplan kann beispielsweise Baugrenzen festsetzen, die nicht überschritten werden dürfen, die Errichtung von Nebenanlagen außerhalb der Baugrenzen ausschließen oder einschränken, usw. – kurzum: in diesem Punkt müssten Sie sich Klarheit verschaffen und beispielsweise zu der/dem zuständigen Mitarbeiter/in Ihrer Bauaufsichtsbehörde Kontakt aufnehmen oder bei der Stadt-, Gemeinde.- oder Amtsverwaltung nachfragen.
Ich unterstelle jetzt, dass es keinen entsprechenden Bebauungsplan gibt.
Dann wäre die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Terrassenüberdachung an § 34 BauGB zu messen (siehe ->
http://dejure.org/gesetze/BauGB/34.html ).
Nun sind Eigentümer/innen einer Reihenhauszeile dann baurechtlich eine „Schicksalsgemeinschaft“, wenn sie nach hinten oder vorne anbauen wollen. Besonders problematisch ist es, wenn einzelne Gebäude nicht versetzt gebaut sind, sondern alle Gebäude eine einheitliche vordere und hintere Bauflucht einhalten; dann dürfen die Eigentümer/innen – ganz vereinfacht gesagt – häufig entweder nur alle das Gleiche (das bedeutet nicht „zeitgleich“) oder Ähnliches oder aber gar nichts anbauen. Denn sonst entstünde der sog. „Scheuklappeneffekt“: Wenn beispielsweise ein linker und ein rechter Nachbar anbauen, der mittlere aber nicht möchte, würden seine Räume durch diese Maßnahme verdunkelt.
Bauordnungsrechtlich ist die Terrassenüberdachung nicht verfahrensfrei.
Das ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 63 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe g LBO. Danach sind nur ebenerdige Terrassenüberdachungen mit einer Fläche bis zu 30 m² und einer Tiefe bis zu 3 m verfahrensfrei (Hinweis: Gemeint sind natürlich Überdachungen ebenerdiger Terrassen, vgl. dazu auch § 6 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 LBO).
Die Überdachung ist nach Ihrer Beschreibung aber 3,50 m tief (bei der Ermittlung der Tiefe sind die Außenmaße entscheidend).
Ob die Überdachung bauplanungsrechtlich zulässig wäre kann ich aus den genannten Gründen nicht beurteilen.
Bauordnungsrechtlich sehe ich jedenfalls im Hinblick auf die Abstandflächen kein größeres Zulässigkeitsproblem (vgl. dazu § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 LBO sowie § 6 Abs. 8 LBO „Überdachungen von Freisitzen“).
Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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Zuletzt geändert am 13.10.2012 um 15:36:22 von Jens Bebensee.