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Thema: Bauen im Aussenbereich

Autor Beitrag
 Verfasst am: 14.12.2012 16:37:16 Titel: Re: Bauen im Aussenbereich
Guten Tag Frau/Herr Schmidt,

schön, dass Sie zu uns gefunden haben…

Bevor ich auf Ihre Frage eingehe, möchte darauf hinweisen, dass wir uns auch schon an anderer Stelle in diesem Forum mit dem Thema der sogenannten familiengerechten Erweiterung im Außenbereich beschäftigt haben. Die Textbeiträge finden Sie über diesen Link
-> http://foren.kreis-stormarn.de/search/?SID=26bbd61801f92b250eb673a6ddc005d4 .
Unter dem letzten der dort weiter führenden Links finden Sie auch etwas zur (eigentlich nicht maßgeblichen) 30%-Regelung.

Doch nun zu Ihrem Fall.

§ 35 Absatz 4 Satz 1 Nummer 5 BauGB lautet:
„…Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind: …
5. die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a) das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b) die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c) bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,…“


A)
Die Vorschrift setzt zunächst einmal voraus, dass das betroffene Objekt ein „zulässigerweise errichtetes Dauerwohngebäude“ ist, dessen Wohnnutzung nicht vor längeren Jahren aufgegeben wurde.

Das Objekt darf auch keine „Ruine“ sein, denn dann hätten wir es bestenfalls mit einem Fall des § 35 Absatz Satz 1 Nummer 4 BauGB zu tun („…auch wenn sie aufgegeben sind…“). Diese Bestimmung will beispielsweise Burgen, Mühlen und Leuchttürme erhalten.


B)
Die Außenbereichsregelung des § 35 BauGB ist anzuwenden, wenn ein Vorhaben im Sinne des § 29 Absatz 1 BauGB betroffen ist.

§ 29 Absatz 1 BauGB kennt den Begriff der „Erweiterung“ nicht, sondern nur die „…Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen…“ Dem Wortlaut des § 14 Absatz 1 Nummer 1 BauGB können Sie übrigens entnehmen, dass auch ein vollständiger Abbruch einer Anlage nicht vom Vorhabenbegriff des § 29 Absatz 1 BauGB erfasst wird (siehe -> http://dejure.org/gesetze/BauGB/14.html ).

Eine „Erweiterung“ eines Gebäudes kann also eine „Errichtung“ oder eine „Änderung“ im Sinne des § 29 Absatz 1 BauGB sein.

Eine „Errichtung“ käme beispielsweise in Betracht, wenn an ein Heim ein selbstständiger Baukörper angebaut würde, etwa eine Betriebsleiterwohnung. Beurteilt würde hier im Regelfall nur der „Anbau“.

Eine „Änderung“ käme in Betracht, wenn an ein Heim mehrere Zimmer angebaut würden, die die gleichen Rettungswege und Treppenanlagen wie der vorhandene Baukörper nutzen müssten. Beurteilt werden müsste in diesem Fall die Gesamtanlage.

Bei der von Ihnen geplanten „Erweiterung“ haben wir es mit dem zweiten Fall, also einer „Änderung“ zu tun.

Durch eine solche „Erweiterung“ darf kein „Neubau“ entstehen, der nur im Rahmen des § 35 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 BauGB im Außenbereich erleichtert zulässig wäre.

Wie Sie richtig erkannt haben, muss die „Erweiterung“ in zwei Richtungen angemessen sein, nämlich
1. im Verhältnis zum vorhandenen Wohngebäude und
2. unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse.

Zu 1.
Als in dieser Hinsicht nicht mehr angemessen angesehen hat das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise den Fall, in dem aus einem Einfamilienhaus ein Gebäude nach Art eines Zwillingsbaus mit zwei selbständig nutzbaren Haushälften gemacht werden soll (siehe Urteil vom 19.02.2004 – 4 C 4.03 – auf Seite 8/9 unter -> https://ssl.bverwg.de/entscheidungen/pdf/190204U4C4.03.0.pdf ).

Wenn Ihr Bauamt sich in dieser Hinsicht nicht äußern möchte, sollten Sie ihm (über die Gemeinde) einen Vorbescheidsantrag vorlegen, in dem Sie u.a. Ihre Situation und Ihre Vorstellungen von der Erweiterung schildern (siehe-> http://www.kreis-stormarn.de/service/lvw/leistungen/index.html?lid=312 ).

Zu 2.
Was die Angemessenheit unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse anbelangt – hier orientieren sich die Verwaltungsgerichte regelmäßig an den Grenzen des nicht mehr gültigen § 39 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, den Sie u.a. hier finden:
-> http://www.bundesrecht24.de/cgi-bin/lexsoft/bundesrecht24.cgi?chosenIndex=0708&source=link&highlighting=off&xid=139813,46 .

Wohnzwecken nicht dienen würde beispielsweise die Errichtung einer räumlich vom Wohnhaus abgesetzten Garage (BVerwG, Urteil vom 12.03.1998 – 4 C 10.97 – unter -> http://www.fachdokumente.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/199/?COMMAND=DisplayUrteil&FIS=199&OBJECT=3813&MODE=URT&RIGHTMENU=NO ).

Das OVG Nordrhein-Westfalen hat in seinem Beschluss vom 09.10.2008 – 10 A 731/07 – deutlich gemacht, dass eine Verdoppelung der vorhandenen Wohnfläche nur in seltenen Ausnahmefällen und nur zulässig sein könne, wenn das zu erweiternde Gebäude besonders klein und der Wohnbedarf der Familie des Eigentümers dadurch nicht annähernd gedeckt sei. Den Beschluss können Sie nachlesen unter -> http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2008/10_A_731_07beschluss20081009.html .


C)
Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung, die zu baulichen Erweiterungen der Gebäudehülle führen, dürften noch angemessene Erweiterungen sein. Ebenso sicherlich auch Änderungen oder sonstige bauliche Maßnahmen zur Versorgung des Gebäudes mit erneuerbaren Energien (vgl. dazu auch § 35 Absatz 1 Nummer 8 BauGB und -für Innenbereichsvorhaben- den § 248 BauGB).


Mehrmalige Erweiterungen sind von § 35 Absatz Satz 1 Nummer 5 BauGB übrigens nicht erfasst.

Denken Sie bitte auch daran, dass § 35 Absatz 4 Satz 1 BauGB nur ganz bestimmte öffentliche Belange für unbeachtlich erklärt und dass die Baugenehmigungsbehörde auch in Ihrem Falle sicherstellen soll, dass die bauliche Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird (vgl. § 35 Absatz 5 Satz 4 BauGB).


Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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