Hallo Frau Staack,
vielen Dank für die rasche und absolut überzeugende Antwort! Mir persönlich war immer klar, dass Sperma im Mund absolut nichts zu suchen hat, aber leider ist es so, dass sich das in der Szene offenbar nicht durchsetzen lässt.
Wie mir gesagt wurde, bieten das in den Clubs die meisten Damen an ... das erzeugt Konkurrenzdruck ... eine höchst unschöne und gefährliche Entwicklung. Besonders tragisch ist – und so kam ich ja auf dieses Thema –, dass selbst hoch gebildete, extrem gesundheitsbewusste und ansonsten sehr vorsichtige Frauen paradoxerweise sich nicht in der Lage sehen, auf diese Praktik zu verzichten. Dies soll wohl damit zusammenhängen, dass die meisten Prostituierten den vaginalen Verkehr (selbstverständlich geschützt) mit einem Freier eher als unangenehm empfinden und durch (ungeschützten) Oralverkehr mit Aufnahme die Häufigkeit des vaginalen Verkehrs zu reduzieren versuchen.
Dabei ist ganz klar, dass diese Strategie aus Infektionsschutzgründen nicht gutzuheißen sein kann, selbst wenn auch geschützter vaginaler Verkehr ein minimales Restrisiko (Kondomunfälle) birgt. (Selbstverständlich ließe sich derselbe Effekt, den Freier erst mal „schachmatt“ zu setzen, auch mit geschütztem Oralverkehr erreichen ... ).
Die Empfehlungen, die ich (unter Punkt 4) zur Risikoreduktion aufgezählt hatte [aber für nicht ausreichend hielt, denn sonst hätte ich dies ja so weitergeben können und mich nicht an Sie gewandt], habe ich mir keinesfalls selbst ausgedacht, sondern sie stammen aus einer Vielzahl von Quellen, die sich der HIV-Prävention verschrieben haben, teilweise auch aus Fachvorträgen. Zur Ehrenrettung dieser Quellen ist zu sagen, dass diese Empfehlungen dort vorwiegend im Bezug zum „normalen“ ungeschützten Oralverkehr (ohne Aufnahme) oder zur akzidentellen, unbeabsichtigten Aufnahme genannt wurden.
Ihre Antwort ist deshalb ganz besonders wertvoll, weil sie einige Aspekte hervorhebt, die aus den von mir aufgesuchten Quellen nicht oder nicht in dieser Deutlichkeit hervorgehen:
1. Das extrem hohe (auch oropharyngeale) Infektionsrisiko in der Anfangsphase einer HIV-Infektion, bevor der konventionelle HIV-Test
positiv wird.
2. Dass die (häufig anzutreffende) Empfehlung von Spülungen unterschiedlichster Art schon deshalb zu kurz greift, weil Spermareste im Tonsillenbereich und in der Speiseröhre über lange Zeit persistieren, so dass zusätzlich zu den Spülungen große Flüssigkeitsmengen getrunken werden sollten, wenn es (akzidentell) zu einer Aufnahme gekommen ist.
3. Dass die (tatsächlich gelegentlich, wenn auch selten) anzutreffende Empfehlung, „schnell zu schlucken“, absolut kontraproduktiv ist (großflächige Exposition im Bereich der Speiseröhrenschleimhaut).
4. Die juristische Dimension. Vielleicht schreckt es ja wenigstens einige Freier ab, wenn ihr Handeln strafrechtlich als Körperverletzung zu bewerten ist. Da vergeht dann schnell die Lust. Wenn medizinische Argumente leider nicht ernst genug genommen werden, ist vielleicht dies ein Aspekt, der mehr in die Öffentlichkeit getragen werden sollte. Vermutlich sind sich viele Freier über die rechtliche Situation gar nicht im klaren. Und das Argument der Körperverletzung gilt ja dann im Prinzip nicht nur für die Übertragung von HIV, sondern auch alle anderen (und viel häufigeren) Geschlechtskrankheiten, auch wenn diese nicht so dramatische Konsequenzen haben wie HIV.
Deshalb – nochmals vielen Dank für die konsequente Antwort, die in ihrer Deutlichkeit keine Fragen offen lässt!
Viele Grüße
zahni
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