Sehr geehrte Frau Hänel,
wenn ich Sie richtig verstehe, wohnen Sie in einem Gebiet, für welches Ihre Stadt/ Gemeinde einen qualifizierten Bebauungsplan aufgestellt hat. Nachbarrechte lassen sich in dem Fall insbesondere aus § 30 Abs. 1 (nicht 34) BauGB i.V.m. den entsprechenden Vorschriften der Baunutzungsverordnung ableiten. Und Sie haben recht, hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung steht Ihnen grundsätzlich ein Abwehrrecht zu. In Ihrem Fall geht es anscheinend um das Maß der baulichen Nutzung, hier wohl die Höhe des Gebäudes (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO ->
http://bundesrecht.juris.de/baunvo/__16.html ).
Auch bei Verletzung des Maßes der baulichen Nutzung können Sie Abwehrrechte geltend machen, ob Sie damit jedoch Erfolg haben, hängt ganz entscheidend von den Umständen des Einzelfalles ab. D.h., es könnte völlig unerheblich sein, ob Sie auf einer Bauzeichnung unterschrieben habe oder nicht, wenn die Abweichung vom B-Plan keine Nachbarrechte verletzt. In einem Kommentar zur Baunutzungsverordnung - Fickert/ Fieseler, 10. Auflage, Rd.Nr. 59 - wird z.B. ausgeführt: "Ein Abwehrrecht des Nachbarn gegen eine (auch etwa willkürliche) unterschiedliche Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse oder der Höhe baulicher Anlagen wird also nicht in jedem Fall, sondern nur dann gegeben sein, wenn dadurch eine unzumutbare Beeinträchtigung des Nachbarn eintreten kann. (...) Nachbarrechte werden also nicht stets, sondern erst von einer nur im Einzelfall bestimmbaren Zumutbarkeitsschwelle an beeinträchtigt." In dem Kommentar wird z.B. ein Fall zitiert, in welchem sich ein 6-geschossiges Gebäude mit entsprechendem Grenzabstand und ausreichend großen Freiflächen noch zumutbar in ein 2-geschossiges Wohngebiet einfügte. Anders wäre es aber gewesen, wenn sich aus der Begründung des Bebauungsplanes ergeben hätte, dass die 2-geschossige Bauweise nachbarschützende Wirkung haben soll.
Ob diese Zumutbarkeitsschwelle also in ihrem Fall überschritten ist, kann ich ohne Kenntnis aller Umstände natürlich nicht erkennen. Allein der Hinweis auf eine Wertminderung Ihres Grundstückes, der Verlust der freien Aussicht oder die Möglichkeit, in Ihr Grundstück einzusehen, reicht in der Regel nicht aus. Sie könnten sich - wenn Sie überhaupt noch Rechtsbehelfsmöglíchkeiten ausschöpfen können- von einem Rechtsanwalt (Tätigkeitsschwerpunkt öffentliches Baurecht) beraten lassen.
Mir ist leider nicht ganz klar geworden, inwiefern Sie durch Ihre Unterschrift verantwortlich gemacht werden. Wenn man Ihnen vorhält, Sie hätten durch Ihre Unterschrift zum Ausdruck gebracht, Sie seien mit der zusätzlichen Überschreitung der zulässigen Höhe einverstanden gewesen, so könnte ich das nach Ihrer Schilderung nicht nachvollziehen. Dann könnte es aber immer noch sein, dass die Behörden die Meinung vertreten, die Zumutbarkeitsschwelle (s.o.) sei noch nicht überschritten, so dass es auf Ihre Unterschrift nicht ankommt.
Hat sich allerdings aus den Plänen die Gesamthöhe des Gebäudes ergeben, ohne dass Sie das wahrgenommen haben, so wäre ich als Behörde wahrscheinlich froh. Denn als Behörde müsste ich davon ausgehen, dass Sie die Unterschrift mit voller Absicht und in Kenntnis aller Umstände gegeben haben. Wenn Sie bei dem Gespräch mit dem Bauherrn im Irrtum waren oder getäuscht wurden, ist das nicht Sache der Behörde, dieses aufzuklären. In dem Fall müssten Sie sich (zivilrechtlich) mit dem Bauherrn auseinandersetzen. Auch hierzu könnten Sie sich von einem Rechtsanwalt beraten lassen.
Ich hoffe, ich habe Ihre Frage zumindest ansatzweise beantwortet.
Mit freundlichem Gruß
Larissa Bebensee
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Zuletzt geändert am 15.06.2007 um 09:08:52 von Larissa Bebensee.