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Thema: Bauen im Aussenbereich

Autor Beitrag
 Verfasst am: 04.04.2007 15:31:45 Titel: Re: Bauen im Aussenbereich
Hallo Herr Molitor,

der Absatz bedeutet „im Klartext“, dass die Bestimmungen der §§ 30 bis 37 BauGB einen vollständigen Abbruch baulicher Anlagen nicht verhindern können.

Wenn Sie den Wortlaut des § 29 Abs. 1 BauGB mit § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vergleichen, werden Sie feststellen, dass die Worte des § 14 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 BauGB „...oder bauliche Anlegen nicht beseitigt werden dürfen...“ überflüssig wären, wenn die vollständige Beseitigung baulicher Anlagen von § 29 Abs. 1 BauGB („...Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen ...“) erfasst wäre.

§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 BauGB soll der Gemeinde übrigens die Möglichkeit eröffnen, eine Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB zu erlassen (siehe unter http://dejure.org/gesetze/BauGB/172.html ).

Soweit (für mich) erkennbar, gibt es in der Rechtsprechung und Literatur nur Aussagen dazu, dass nur ein VOLLSTÄNDIGER Abbruch kein Vorhaben nach § 29 Abs. 1 BauGB ist (vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.06.1992 – 8 S 593/92 in NuR 1994, 134; VG Köln, Beschl. v. 28.09.2001 – 2 L 1979/01 in Juris). Ein teilweiser Abbruch, wie etwa ein „Rückbau“ nach § 179 BauGB (siehe unter http://dejure.org/gesetze/BauGB/179.html ), wird als Änderung angesehen, weil er in der Regel zu einer Umgestaltung der baulichen Anlage und einem Eingriff in die bauliche Substanz führt, z.B. der Abbruch eines Erkers oder Sockels (so Krautzberger in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, 82. Lfg., Stand: 01.12.2006, § 29 Rdnr. 40).

Ich denke, man wird so lange noch von einer Änderung der baulichen Anlage ausgehen müssen, wie der verbleibende Teil noch „bodenrechtlich relevant“ ist, d.h. die im § 1 Abs. 6 BauGB aufgezählten öffentlichen Belange noch berührt (vgl. dazu http://dejure.org/gesetze/BauGB/1.html und unser Baulexikon unter http://www.kreis-stormarn.de/service/begriffe/index.php?bereich=7&bid=40 ).

Prozentzahlen sind relative Zahlen und deshalb für die Beurteilung der bodenrechtlichen Relevanz der verbleibenden Bausubstanz sicherlich ungeeignet.

Man kann auch nicht uneingeschränkt festlegen, dass die im Katalog des § 69 Abs. 1 LBO enthaltenen baugenehmigungs- und anzeigefreien Anlagen (vgl. unter http://sh.juris.de/sh/BauO_SH_2000_P69.htm ) bodenrechtlich irrelevant sind:

Nach § 29 Satz 1 BauGB 1986 galten die §§ 30 bis 37 BauGB 1986 „...Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben UND die einer bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung bedürfen oder die der Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden müssen ...“
Da die Bundesländer in der Vergangenheit immer mehr bauliche Anlagen baugenehmigungs- und anzeigefrei gestellt haben und praktisch Gefahr liefen, die bundesrechtliche Regelung des § 29 Satz 1 BauGB 1986 „zu unterlaufen“, hat der Bundesgesetzgeber mit dem § 29 Abs. 1 BauGB 1998 die Verknüpfung mit dem Landesbaurecht in Gestalt der Anbindung an eine Genehmigungs-, Zustimmungs- oder Anzeigepflicht des Vorhabens ersatzlos gestrichen und damit klargestellt, dass die §§ 30 bis 37 BauGB auch dann eingreifen, wenn die jeweilige Landesbauordnung kein – wie auch immer geartetes – präventives Kontrollverfahren vorsieht.


Wie ich bereits am 02.04.2007 ausgeführt habe, würde ich als zuständige Baugenehmigungsbehörde jedenfalls zum Abbruch des ca. 100 Jahre alten Heuerlingshauses – allein aufgrund des Alters - die untere Denkmalschutzbehörde einschalten und um Stellungnahme bitten.

Fotos bräuchten wir nicht unbedingt, weil wir bei der von Ihnen beschriebenen Sachlage wahrscheinlich eine Ortsbesichtigung durchführen würden, um zu klären, ob die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB vorliegen.


Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee

P.S.:
Besten Dank noch für die lobenden Worte ...


---
Zuletzt geändert am 04.04.2007 um 15:35:22 von Jens Bebensee.
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