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Thema: hauskauf

Autor Beitrag
 Verfasst am: 03.04.2007 10:01:35 Titel: Re: hauskauf
Hallo Bodo,

wenn ein im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bevorrechtigt zulässiger landwirtschaftlicher Betrieb aufgegeben und nicht von einem anderen Landwirt übernommen wird, verlieren die baulichen Anlagen mit der Zeit ihre Privilegierung.

Die städtebauliche Zulässigkeit einer folgenden, nicht-landwirtschaftlichen Nutzung beurteilt sich nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Diese Vorschrift erklärt solche öffentlichen Belange für unbeachtlich, die regelmäßig ein sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigt.

Beachtlich bleiben u.a. die im § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB genannten öffentlichen Belange, d.h. eine Nutzungsänderung von landwirtschaftlicher in sonstige (normale) Wohnnutzung beeinträchtigt dann öffentliche Belange, wenn die neue Wohnnutzung schädlichen Umwelteinwirkungen – beispielsweise von einem weiteren, noch bestehenden landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetrieb in der Nachbarschaft – ausgesetzt sein wird.

Auf diese Weise wird praktisch die Existenz und die „Vormachtstellung“ des noch verbliebenen Tierhaltungsbetriebs im Außenbereich gesichert. Würde man die Nutzungsänderung unter diesen Umständen (rechtswidrig) genehmigen, wäre ein Widerspruch bzw. eine Klage der Eigentümerin des verbliebenen Tierhaltungsbetriebs aller Voraussicht nach erfolgreich. Nimmt die Eigentümerin des verbliebenen Betriebs hingegen eine Baugenehmigung der neuen, nicht-landwirtschaftlichen Nutzung „sehenden Auges“ hin, könnte es ihr passieren, dass sie dann auf die neue Wohnnutzung Rücksicht nehmen und die von ihrem Betrieb ausgehenden Immissionen auf Antrag des Eigentümers der neuen, sonstigen Wohnnutzung reduzieren muss.

Ich denke, dieses Beispiel verdeutlicht recht anschaulich, dass der Strukturwandel in der Landwirtschaft durch baugesetzliche Bestimmungen (hier: § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB) begleitet werden musste.

Übrigens kannte das Bundesbaugesetz (BBauG) von 1960 eine erleichternde Regelung für Nutzungsänderungen landwirtschaftlicher Gebäude noch nicht. Grundlage zur Schaffung einer solchen gesetzlichen Regelung bildete u.a. das Urteil des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.11.1974 – IV 32.71 – (in BRS 28 Nr. 34 = BauR 1975, 44).

Einer der Leitsätze lautete:
„§ 35 Abs. 3 Satz 2 BBauG [Wortlaut: Auf Maßnahmen der Agrarstruktur ist besonders Rücksicht zu nehmen.] ermöglicht nicht, die landwirtschaftsfremde Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Baulichkeiten gegenüber den Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 BBauG [Wortlaut: Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben ...] zu erleichtern...“

Nach einer ausführlichen Urteilsbegründung formulierte der 4. Senat den Satz:
„... Eine sachgerechte Lösung zu entwickeln, kommt dem Gesetzgeber zu ...“

Mit der Novelle des BBauG von 1976 wurde dann mit § 35 Abs 4 BBauG eine entsprechende Regelung für die Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Betriebsgebäude eingeführt.


Ich habe an anderer Stelle in diesem Forum bereits einmal ausgeführt, dass Ratschläge auch manchmal „Schläge“ sind. Mein Tipp von gestern sollte Sie nur davor bewahren, dass Sie „der Schlag trifft“, falls Sie nach Erwerb des Grundstücks Probleme mit der Bauaufsicht bekommen sollten. Deshalb sollten Sie sich auf alle Fälle bei der Bauaufsicht erkundigen, was für Baugenehmigungen für welche Anlagen auf dem Grundstück vorliegen.

Baugenehmigungen haben für bauliche Anlagen praktisch den gleichen Wert wie Fahrzeugbriefe für Kraftfahrzeuge. Würden Sie ein Kfz ohne Fahrzeugbrief kaufen?

Sollten keine Baugenehmigungen auffindbar sein, müssten Sie zumindest wissen, wie die Bauaufsicht die geplante Nutzung beurteilt (siehe Frage 2 meines Beitrages von gestern).


Mit freundlichem Gruß
Jens Bebensee
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