Hallo Herr Domann,
die Frage, ob das Gebäude zulässigerweise errichtet worden ist, werde ich nicht abschließend beantworten können; diese Aufgabe müsste die Stadt bzw. – wenn die Stadt weniger als 20.000 Einwohner/innen hat - die für das Stadtgebiet zuständige Bauaufsichtsbehörde übernehmen.
Liegen Ihnen keine Unterlagen vor, die auf eine Baugenehmigung als (Dauer)Wohngebäude hinweisen, dann kann Ihnen sicherlich auch die Liste über die Bewohner(innen) einen großen Schritt weiter helfen.
Hier noch (Auszüge aus) den damals gültigen Rechtsvorschriften, die ich zu dem Thema „auf die Schnelle“ gefunden habe:
Preußisches Gesetz über die Gründung neuer Ansiedlungen vom 10.08.1904 / 18.12.1923 / 23.05.1930 (GS S. 227 / 555 / 99):
§ 13
Wer außerhalb einer im Zusammenhange gebauten Ortschaft ein Wohnhaus errichten oder ein vorhandenes Gebäude zum Wohnhaus einrichten will, bedarf einer vom Landrat, in Stadtkreisen von der Ortspolizeibehörde zu erteilenden Ansiedlungsgenehmigung. Vor deren Aushändigung darf die polizeiliche Bauerlaubnis nicht erteilt werden.
Die Ansiedlungsgenehmigung ist nicht erforderlich für Wohnhäuser, die in den Grenzen eines nach dem Gesetze, betreffend die Ansiedlung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und in ländlichen Ortschaften, vom 2. Juli 1875 (GS S. 561) festgestellten Bebauungsplans oder die auf einem bereits bebauten Grundstück im Zusammenhange mit bewohnten Gebäuden errichtet oder eingerichtet werden sollen.
§ 13a
Die Ansiedlungsgenehmigung ist ferner erforderlich, wenn infolge oder zum Zwecke der Umwandlung eines Landgutes oder eines Teils eines solchen in mehrere ländliche Stellen innerhalb einer im Zusammenhange gebauten Ortschaft oder in den Fällen des § 13 Abs. 2 ein Wohnhaus errichtet oder ein vorhandenes Gebäude zum Wohnhaus eingerichtet werden soll.
§ 14
Die Ansiedlungegenehmigung ist zu versagen, wenn nicht nachgewiesen ist, daß der Platz, auf welchem die Ansiedlung gegründet werden soll, durch einen jederzeit offenen fahrbaren Weg zugänglich oder daß die Beschaffung eines solchen Weges gesichert ist. Kann nur der letztere Nachweis erbracht werden, so ist bei der Erteilung der Ansiedlungsgenehmigung für die Beschaffung des Weges eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablaufe das polizeiliche Zwangsverfahren eintritt.
Von der Bedingung der Fahrbarkeit des Weges kann unter besonderen Umständen abgesehen werden.
Auch zur Erhaltung der ununterbrochenen Zugänglichkeit der Ansiedlung ist die Anwendung des polizeilichen Zwangsverfahrens zulässig.
In Moorgegenden ist die Ansiedlungsgenehmigung zu versagen, solange die Entwässerung des Bodens, auf dem die Ansiedlung gegründet werden soll, nicht geregelt ist.
[Anmerkung aus Georg Kayser, „Die baupolizeilichen Vorschriften des Deutschen Reiches und Preußens – Reichsbaurecht und Preußisches Landesbaurecht“, 3. Aufl., Stand: Februar 1943:
„... Diese Vorschrift dient vorwiegend dem Feuerschutz. Die Feuerwehr muß an die Siedlung (Haus, Gehöft) heranfahren können. Die Vorschrift ist zwingend zu beachten...“]
§§ 15 und 15a enthalten Gründe, nach denen eine Ansiedlungsgenehmigung versagt werden konnte.
§ 20
Wer vor Erteilung der Ansiedlungegenehmigung mit einer Ansiedlung beginnt, wird mit Geldstrafe bis 150 Mark oder Haft bestraft. Auch kann die Ortspolizeibehörde die Weiterführung der Ansiedlung verhindern und die Wegschaffung der errichteten Anlagen anordnen.
Gesetz über die einstweiligen Maßnahmen zur Ordnung des deutschen Siedlungswesens vom 03.07.1934 (RGBl. I S. 568):
Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§ 1
Der Reichsarbeitsminister wird ermächtigt, bis zur reichsgesetzlichen Regelung des Planungs-, Siedlungs- und öffentlichen Baurechts diejenigen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um das deutsche Siedlungswesen zu überwachen und zu ordnen.
Die Zuständigkeit des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft für die landwirtschaftliche Siedlung und die Neubildung deutschen Bauerntums wird durch dieses Gesetz nicht berührt.
§ 2
Der Reichsarbeitsminister kann insbesondere bestimmen, daß die Absicht, Wohngebäude oder Siedlungen zu errichten oder niederzulegen, rechtzeitig vor ihrer Verwirklichung anzuzeigen ist, ebenso die Absicht, gewerbliche Haupt-, Neben- oder Zweigbetriebe zu errichten oder wesentlich zu erweitern, wenn dadurch umfangreiche Neubauten für den Betrieb oder für die Unterbringung der in dem Betriebe zu beschäftigenden Arbeitnehmer erforderlich werden. Er kann auch bestimmen, daß die Absicht des Erwerbs eines Grundstücks für solche Vorhaben anzuzeigen ist. Er kann ferner die Vornahme der genannten Handlungen untersagen.
§ 3
Mit Gefängnis oder Geldstrafe oder einer dieser beiden Strafen wird bestraft, wer ein zu Wohn- oder gewerblichen Zwecken bestimmtes Gebäude errichtet oder neiderlegt, ohne die nach diesem Gesetz oder seinen Durchführungs- oder Ergänzungsvorschriften erforderliche Anzeige erstattet zu haben oder obwohl ihm die Vornahme der Arbeiten auf Grund dieser Vorschriften verboten war.
Verordnung über die Regelung der Bebauung vom 15.02.1936 (RGBl. I S. 104):
Auf Grund des Gesetzes über einstweilige Maßnahmen zur Ordnung des deutschen Siedlungswesens vom 3. Juli 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 568) wird verordnet:
§ 1 ...
§ 3
(1) Für bauliche Anlagen, die außerhalb von Baugebieten oder, soweit solche nicht ausgewiesen sind, außerhalb eines im Zusammenhang gebauten Ortsteiles ausgeführt werden sollen, soll die baupolizeiliche Genehmigung versagt werden, wenn ihre Ausführung der geordneten Entwicklung des Gemeindegebietes zuwiderlaufen würde.
(2) Dies gilt namentlich für bauliche Anlagen, deren Ausführung unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen und andere Verkehrseinrichtungen, Versorgungsleitungen, Entwässerungsanlegen, Schulversorgung, Polizei- und Feuerschutz oder sonstige öffentliche Aufgaben erfordern oder deren Benutzung besondere wirtschaftliche Schwierigkeiten für die Bewohner ergeben würde.
[Anmerkung aus Georg Kayser, a.a.O.:
„... Das Wort „soll“ bedeutet, wie jede Sollvorschrift, eine Anweisung an die Behörde, entsprechend der Vorschrift zu verfahren. Gegenüber dieser gesetzlichen Anweisung entfällt für die Behörde jede Möglichkeit eines eigenen selbständigen Ermessens; sie kann also im Einzelfalle nicht anders, als vorgeschrieben, verfahren. Will der Gesetzgeber der Behörde freie Hand lassen, die Genehmigung je nach dem Einzelfall zu versagen oder nicht zu versagen, so würde er das nach der Uebung der Gesetzessprache anders ausdrücken, und zwar regelmäßig in der Fassung; „Die Genehmigung kann versagt werden.“
Der Bauherr kann sich auch nicht darauf berufen, daß die Polizei in einem anderen gleichliegenden Fall eine Baugenehmigung erteilt hat... (RBG, Entsch. v. 26.3.1942, IV – III C 105/39)...“]
Sie sehen also: Auch schon damals durfte man nicht ohne „förmliche Freigabe“ bauen.
Der Kanalanschluss kann aus meiner Sicht zur die Klärung der Frage des Bestandsschutzes als WOHNgebäude wenig beitragen, weil beispielsweise auch WOCHENENDhäuser erschlossen sein müssen (vgl. dazu z.B. anliegende Rechtsprechung
http://www.justiz.hessen.de/VGRecht/Rechtsp.nsf/d05ea099550c1c0ac125654400494b3e/91e02351d1d845e1c12565d90073abbf?OpenDocument ; zum Begriff Wochenendhaus siehe auch meine Antwort an Martina vom 01.06.2006 um 09:02 Uhr).
Wieviel Quadratmeter Sie anbauen dürfen, wenn das Gebäude als WOHNgebäude bestandsgeschützt ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Bei einer Erweiterung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB wird unter Buchstabe b) gefordert, dass die Erweiterung angemessen sein muss, und zwar sowohl im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude als auch unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse (siehe unter
http://dejure.org/gesetze/BauGB/35.html ).
Tipps hierzu finden Sie hier im Forum auf Seite 4 unter den Stichworten „Landkreis Lahn-Dill“ (meine Antwort vom 28.12.2004 um 17:40 Uhr an Ingo).
Freundliche Grüße
und ein gutes neues Jahr
Jens Bebensee